Bild nicht mehr verfügbar.

David Cameron kämpft gegen die Abwanderung seiner Wähler nach rechts. In seiner Rede warnte er diese nun vor möglichen Fehlkalkulationen: "Sie gehen mit Nigel Farage ins Bett und wachen mit Ed Miliband auf."

Foto: EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

Mit Appellen an den Bürgerstolz, energischer Defizitbekämpfung und Steuererleichterungen für die Mittelschicht wollen die britischen Konservativen die Unterhauswahl 2015 für sich entscheiden. Zum Abschluss des Jahrestreffens in Birmingham sprach Parteichef David Cameron von einem "direkten Kampf zwischen Konservativen und Labour". Wer die nationalpopulistische Ukip (United Kingdom Independence Party) wähle, öffne dem Labour-Oppositionsführer die Tür zur Downing Street, warnte der Premierminister: "Sie gehen mit Nigel Farage ins Bett und wachen mit Ed Miliband auf."

Camerons Problem lässt sich leicht anhand der Umfragen beschreiben. Bei der Frage nach dem Kreuzerl an der Wahlurne rangiert Camerons Partei mit etwa 32 Prozent seit vielen Monaten dauerhaft hinter Labour (36). Die jüngste Yougov-Umfrage bescheinigte zudem der Ukip 15 Prozent, den Liberaldemokraten ganze sieben, allen anderen Parteien gemeinsam zehn Prozent. Im Mehrheitswahlsystem müssen die Tories deutlich vor Labour und nahe bei 40 Prozent liegen, um eine eigene Mehrheit im Unterhaus zu garantieren. Im Mai 2010, nach 13 Jahren Labour-Regierung, kamen sie landesweit auf 36,8 Prozent.

"Politische Lage im Fluss"

In Birmingham machten sich die Delegierten Mut: Die politische Lage sei im Fluss wie seit langem nicht mehr. Tatsächlich dürften Konservative ihrem liberalen Koalitionspartner Sitze abnehmen, in Schottland bedroht die Nationalpartei SNP Labours Vorrangstellung. Ukips Wählerschaft ist so gleichmäßig übers Land verteilt, dass es zu kaum mehr als drei oder vier Mandaten reichen wird.

Auf seinem eigenen Parteitag vergangene Woche in Manchester hatte Oppositionsführer Miliband in seiner frei gehaltenen Rede ausgerechnet den finanzpolitischen Teil "vergessen"; dabei liegt Großbritanniens Defizit noch immer bei 4,5 Prozent und damit deutlich über der Eurozone (2,5). Cameron machte sich über den Kontrahenten lustig und stellte weitere Einsparungen von 25 Milliarden Pfund in Aussicht.

Wie bisher bleiben Rentner, eine wichtige Stütze der Tories, von den Kürzungen im Sozialbereich verschont. Dafür soll von 2018 an der Steuerfreibetrag um 2000 Pfund (rund 2570 Euro) auf 12.500 Pfund (16.000 Euro) pro Jahr angehoben werden. Damit müssten Bezieher des Mindestlohnes keine Einkommensteuer mehr bezahlen, rechnete der Premier vor: "Und 30 Millionen Bürger kommen in den Genuss einer Steuererleichterung."

Nebensache Europa

Europa spielte in Camerons 52-minütiger Rede nur am Rand eine Rolle. Allerdings kündigte er Großbritanniens Rückzug von der Europäischen Menschenrechtskonvention an: "Wir brauchen keine Befehle durch Straßburger Richter." Nur eine konservative Regierung garantiere dem Land ein EU-Referendum. Tatsächlich halten sowohl Liberaldemokraten wie Labour eine Volksabstimmung über den Verbleib der Insel im Brüsseler Club für nötig. Cameron hat im Falle einer Wiederwahl bei dem Urnengang am 7. Mai ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU für 2017 angekündigt. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 2.10.2014)