In wenigen Tagen soll im spektakulären Strafprozess gegen Fußballer, denen Beteiligung an Wettbetrug vorgeworfen wird, in Graz das Urteil gesprochen werden. Dass hier rund um die zum Teil prominenten Angeklagten wie Sanel Kuljic und Dominique Taboga einiges unrund gelaufen ist, stand schon nach den ersten Prozesstagen fest, aber dennoch ist es, juristisch betrachtet, nicht einfach, den Beschuldigten, selbst wenn sie hinsichtlich der bezahlten Manipulationsversuche geständig sind, die Begehung der konkreten Straftaten nachzuweisen.

Matchfixing oder Wettbetrug sind keine Delikte, die sich in dieser ausdrücklichen Form im Strafrecht finden. Nur wer mit Bereicherungsvorsatz jemanden in seinem Vermögen schädigt, vollendet das Delikt des (Wett-)Betruges (§ 146 StGB). Betrug ist ein "Selbst-Schädigungs-Delikt", der Getäuschte setzt das schädigende Verhalten, er schließt z. B. einen Glücksvertrag ab und zahlt die Quote trotz Manipulation aus, nicht der Täter. Doch wer ist hier der Geschädigte? Laut deutscher Rechtsprechung sind das nur die Wettanbieter, das heißt weder Vereine noch Liga noch andere Wett-Teilnehmer! Wie hoch ist der Schaden? - wo Manipulation herrscht, ist nicht zwingend ein Verlust für den Vermittler bzw. Totalisateur gegeben! - und worin bestehen die tatbildlichen Handlungen der Akteure? Sie wollen zwar mit ihren absichtlich schlechten Leistungen oder Eingriffen (z. B. unmotiviertes Elfer-Foul) Geld verdienen, nehmen auch die Schädigung von Wett-Teilnehmern und -vermittlern, aber auch ihres Vereins, in Kauf - aber es stellen sich hier bei Leugnung hartnäckige Beweisfragen, womöglich wäre ein Match auch ohne Eingriff verloren gewesen, auch kann schwer erkannt werden, ob ein Teilakt bei einem Spiel manipulativ erfolgt.

All das sind nur einige Fragen, die sich im Kontext mit "Betrug" (§ 146 StGB) stellen, die aber konkret zu komplizierten Überlegungen führen. Vielfach bleibt es beim sogenannten "Match-fixing" beim Versuch, das Delikt wird nicht vollendet. Grundsätzlich ist auch der Betrugsversuch strafbar, nicht aber der "absolut untaugliche".

Welche Straftat?

Nehmen wir nun an, die kriminell handelnde Person X stiftet drei Fußballer an, einen Elfmeter in Hälfte 2 zu verschulden und das Match unter allen Umständen zu verlieren; die Person Y setzt hohe Beträge auf die Niederlage und zusätzlich auf das Ereignis (Strafstoß/Elfmeter) bei asiatischen Onlineanbietern, die drei Fußballer vermögen aber das Match gar nicht spielentscheidend zu beeinflussen, der Schiedsrichter gibt den Elfer nicht, die Mannschaft gewinnt dennoch: Welche Straftat wurde dann begangen? War der Versuch hier womöglich "absolut untauglich"? Wie viele Mitglieder einer Mannschaft muss man bestechen, um sicher zu verlieren? Wie die letzten Europacupmatches in der Qualifikationsphase zeigen, können ja österreichische Mannschaften auch ohne Manipulation spektakulär, wenn auch knapp verlieren.

Eine Lösung, um die wirklich Bösen in den Griff zu bekommen, wäre eine Novellierung des Strafgesetzbuchs. Vermutlich wäre es einfacher, zu Verurteilungen wegen einer zweifellos verpönten und unethischen Verhaltensweise zu kommen und präventiv andere Spieler von dem Einstieg ins "Match-Fixing-Gewerbe" abzuhalten, wenn es einen eigenen Straftatbestand gäbe, der Manipulationen des Ausganges eines Sportereignisses auch ohne Schadensnachweis unter Strafe stellt. Matchfixing kann ausdrücklich genannt werden, aber der Anwendungsbereich sollte weiter gehen. Denn eine derartige Vorgangsweise bewirkt schon per se einen beträchtlichen, immateriellen Schaden, der im Vertrauensverlust der Sportfans zu sehen ist. Und das wirkt sich auch auf die Veranstalter und auf die Vereine, ja auch die jeweilige Liga, finanziell negativ aus, ohne dass es dann einer Bewertung bedürfte.

Zudem kann dieses (neue) Delikt auch vollenden, wer z. B. Doping bei Radfahren oder Leichtathletik betreibt oder wer Wintersportereignisse manipuliert. Zwar gibt es schon jetzt den Straftatbestand der "Täuschung" (§ 108 StGB), doch spielt dieser praktisch kaum eine Rolle. Anders als Betrug setzt Täuschung keine Schädigung im Vermögen voraus, sondern es genügt eine Schädigung Dritter in "Rechten". Auch der Staat bzw. Behörden sind mit gemeint, früher wurde die Verwendung falscher KFZ-Tafeln so geahndet, doch das ist Schnee von gestern. Für eine Täuschung ist zudem die qualifizierte Vorsatzform "Absicht" vonnöten, um das Delikt zu vollenden. Die Staatsanwälte meiden diesen Tatbestand eher, da er meist mit anderen, leichter nachweisbaren Delikten (z. B. Urkundenfälschung, Betrug) gepaart auftritt. Daher wäre der obige Vorschlag eines eigenen, neuen "Manipulationsdeliktes" sinnvoller.

Reform des Sportwettenrechts

Eine zweite Reformschiene liegt im Bereich der Landesgesetze, welche die Sportwetten regeln, die auch Buchmacher- und Totalisateurgesetze betitelt sind (die Termini beziehen sich auf Quotenaufstellung bzw. Vermittlung der Wetten). Bereits im Herbst 2013 klangen Reformideen an. So forderte etwa die AK Salzburg guten Willens eine "Verbundlichung" der Sportwetten. Aber der Kompetenzwechsel bedürfte einer Änderung der Bundesverfassung (Art 10 Abs 1 Z 4 oder 8 bzw Art 15 Abs 1 B-VG) und zudem wird meist vergessen, dass österreichische Gesetze keinen Einfluss auf das Angebot in Singapur oder Malaysia haben. Daher fruchtet es auch wenig, wenn sich die redlichen heimischen Wettanbieter freiwillig verpflichteten, Ereignis-Wetten (z. B. über den ersten Eckball oder einen Strafstoß) nicht mehr anzubieten. Aber es wäre auch im Lichte der Rechtsprechung des EuGH zulässig, die heimischen Anbieter zu privilegieren, wenn sie gewisse Bedingungen erfüllen und damit das Schutzniveau in Österreich höher als in anderen EU- bzw. Drittstaaten wäre. Auch wenn die Umsetzung schwierig ist, sollten die heimischen Gesetze auch den Internet-Wettsektor erfassen, die Teilnahme an bestimmten Angeboten verbieten und unter Verwaltungsstrafe stellen.

Spieler- und Teilnehmerschutz

Noch ein dritter Reformaspekt ist neben dem Strafrecht und der unterm Stichwort der vom EuGH in Spiel- und Wettangelegenheiten stets geforderten "Gesamtkoheränz" beachtlich (siehe 30.4.2014, C-390/12 Pfleger; C 186/11 und C-209/11 Stanleybet). Das bedeutet, dass ungeachtet der Kompetenzzersplitterung in einem Bundesstaat insgesamt die Maßnahmen von Gesetzgebung und Vollziehung (auch der Justiz!) glaubwürdig sein müssen, um ordnungspolitischen Interessen und dem Spielerschutz zu dienen. Auch wenn der OGH (2 Ob 243/12t) trotz weitwendiger Ausführungen zur Rechtsprechung dieses Postulat gründlich missverstanden hat und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Spielerschutz (etwa bei Automaten) nicht einmal als Problem wahrnimmt (9.5.2014, LVwG-410287/4/Gf/Rt), sollte der Gesetzgeber hier tätig werden. Hier bieten die Sportwettengesetze (etwa im Vergleich zum ausgedehnten Schutz der Casino-Spieler in § 25 GSpG 1989) den geeigneten Ort.

Gefährlicher als Glücksspiele

Gegen pathologisches Wetten unternehmen die Länder bisher nur wenig, lediglich in Vorarlberg ist man einen Schritt weiter und sieht auch Spielerschutzmaßnahmen (z. B. verpflichtende Beratung bei exzessivem Wettverhalten) vor. Wetten sind nämlich, was oft verkannt wird, partiell noch gefährlicher als Glücksspiele, weil die Konsumenten sich in der trügerischen Sicherheit wiegen, kraft ihrer Sachkompetenz gewinnen zu können, wogegen ein Lottospieler meist weiß, dass er mit einem Los nur "Hoffnung" kauft. Aber die Stammtisch-Lufthoheit funktioniert im Wettbereich auch dann nicht, wenn ein Spiel frei von Manipulationen ist, denn das "Leder ist rund", um Hans Krankl zu zitieren. (Gerhard Strejcek, DER STANDARD, 2.10.2014)