Wien - "Wie viele Zeichen hat ein Tweet?" Wer diese Frage nicht beantworten kann, sollte - geht es nach der Universität Wien - eigentlich nicht Publizistik studieren. Oder dann eben doch: Wenn zu wenige Studieninteressierte zur Aufnahmeprüfung erscheinen, nimmt man auch diejenigen auf, die nicht so webaffin sind.

An Kunstuniversitäten gibt es seit jeher Aufnahmeverfahren, die eine "künstlerische Begabung" feststellen sollen. Die "körperlich-motorische Eignung" braucht man in den Sportwissenschaften.

Sonst sind Zugangsbeschränkungen eine Erscheinung der letzten zehn Jahre - wohl ein Mitgrund dafür, dass dem freien Hochschulzugang noch immer nachgetrauert wird. Erst 2005 wurden Aufnahmetests eingeführt. Die damalige Rechtslage wurde durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) als EU-rechtswidrig gekippt. Bis dahin sah das Universitäts-Studiengesetz 1997 vor, dass Studierende aus dem Ausland in ihrem Herkunftsland bereits einen Studienplatz in der Tasche haben mussten, um in Österreich zu studieren. Dies widersprach, so der EuGH, der Gleichbehandlung der EU-Bürger.

Mit der Gesetzesstelle wollte man "Numerus-clausus-(NC)-Flüchtlingen" aus Deutschland einen Riegel vorschieben.

Neues Gesetz bringt Tests

Die Regierung kam dem Urteil mit dem neuen Paragrafen 124b im Universitätsgesetz (UG 02) entgegen. Bundesweite deutsche NC-Fächer wurden für In- und Ausländer beschränkt. Die Psychologie machte das sofort. In den Medizinstudien wurde im darauffolgenden Studienjahr erstmals der EMS-Test durchgeführt.

Andere Fächer waren nicht so schnell. Während die künftigen Zahnärzte bereits Wissenstests absolvierten und als praktische Übungen Drähte in Skyline-Formen bogen, blieben die meisten Studienrichtungen noch von Zugangsbeschränkungen verschont. 2006 wurden etwa Aufnahmeverfahren für die Publizistik an der Uni Wien angedacht. Allerdings gab es weniger Bewerber als Plätze - diese Situation blieb bis heute bestehen.

Mit der Novelle des UG 02 wurden vergangenes Jahr die neuesten Studienplatzbeschränkungen für die Studienfelder Architektur, Biologie, Informatik, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaft gesetzt.

Ein Tweet hat übrigens maximal 140 Zeichen. (ook, DER STANDARD, 2.10.2014)