Die Gopro Hero 4 kommt am 5. Oktober auf den Markt.

Foto: GoPro

Gopro ist vor allem für robuste kleine Kameras bekannt, die von Surfern und Snowboard-Fahrern genutzt werden. Jetzt kommen neue Modelle in die Läden, die auch bei einer etwas ängstlicheren Bevölkerungsgruppe gut ankommen könnten.

Die neuen Kameras werden am 5. Oktober zum ersten Mal in den Läden liegen. Es sind die ersten Produktneuheiten seit dem Börsengang des Herstellers im Sommer, doch revolutionäre Veränderungen gibt es nicht. Stattdessen hat Gopro kleine aber wichtige Verbesserungen umgesetzt, mit denen nicht nur Extremsportler, sondern auch ganz gewöhnliche Touristen überraschende Fotos schießen können, die Gopro zu einem kulturellen Phänomen gemacht haben.

Das in Deutschland 380 Euro teure Modell Hero 4 Silver bekommt einen Touchscreen, sodass Gopro-Geräte endlich so leicht zu nutzen sind wie normale Kameras. Auch die handflächengroße Kompaktkamera für etwa 100 Euro wurde überarbeitet. (Die 100 Euro teurere Hero 4 Black wird eher Profis ansprechen: Sie hat einen schnelleren Prozessor, mit dem man Videos aufnehmen kann, die viermal so hochauflösend sind wie HD-Filme.)

Zwei der neuen Gopro-Kameras konnte ich aus einer Seilbahn halten, an ein Gokart klemmen und auf einem "Selfie-Stock" austesten. Die Erfahrung war überraschend. Die Geräte leiden zwar unter einer kurzen Batterieleistung von nur zweieinhalb Stunden, doch sie sind inzwischen auch für den Durchschnittstouristen zu einer zugänglichen und vielseitigen Option geworden.

Aber braucht man überhaupt noch eine solche Kamera? Smartphones nehmen inzwischen doch hervorragende Fotos und Videos auf und sind immer griffbereit. Gopro-Kameras können jedoch zwei Dinge, die die meisten Smartphones nicht können: Ersten kann man sie auch an Orte stecken, wo ein Smartphone nicht hinkommt, und zweitens haben Gopro-Geräte ein 170-Grad-Weitwinkelobjektiv.

Das Problem ist: Kaum jemand interessiert sich für unsere langweiligen Ferienvideos. Können Gopro-Kameras auch die Erlebnisse von adrenalinscheuen Urlaubern in Bilder verwandeln, die Facebook und Youtube würdig sind?

Um diese Frage zu beantworten verbrachte ich einen Tag als Tourist in San Francisco, mit einer Gopro in der Hand und einer zweiten an meiner Stirn. Die Ereignisse wurden von Gopro geplant, doch alle Bilder stammen von mir selbst. Wir fuhren Seilbahn und Gokart, durchquerten die San Francisco Bay in einem Boot und hüpften in der Nähe der Golden Gate Bridge auf einem Trampolin.

Danach testete ich die Geräte weiter in weniger actiongeladenen Situationen: bei einer Bergwanderung, bei einer Fahrt durch die Stadt und während eines Sonnenuntergangs. Selbst dann entstanden Fotos mit den Gopro-Geräten, die ich mit anderen Kameras so noch nie hinbekommen habe.

GoPro packt eine effektive Technologie in ein winziges Gehäuse und kombiniert all das mit Gurten und Halterungen, die dazu anregen, mit der Kamera zu experimentieren. Es gibt Systeme, um die Kameras am Brustkorb, an einer Hundeleine und an Musikinstrumenten zu befestigen.

Die neuesten Modelle bieten jetzt verbesserte Sensoren und Prozessoren, mit denen bessere und kreativere Fotos möglich werden.

Da das Premiummodell Hero 4 Black 4K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufnimmt, zoomte ich damit die Golden Gate Bridge heran, als ich nicht nah genug kam, um das Bild anders zu füllen. (Warnung: Bei dieser Auflösung sind die Videodateien gigantisch. Fünf Minuten fressen über zwei Gigabyte Speicherplatz.)

Die Bildqualität ist erstaunlich gut für solch eine kleine Kamera

Die Bildqualität ist nicht so gut wie mit einer digitalen Spiegelreflexkamera, aber für ein so kleines Gerät sind die Videos doch beeindruckend. Als ich nachts auf einem schaukelnden Boot stand, nahm das Weitwinkelobjektiv der Hero 4 Silver bessere Skyline-Bilder als mein iPhone 6 auf, doch Neonschilder schaffte sie nicht so gut. Das Gerät nahm außerdem ein cooles Zeitraffervideo von einem Sonnenuntergang, indem es einige Stunden lang zweimal pro Minute ein zwölf Megapixel großes Foto aufnahm.

Videos mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde kann man mit der Bearbeitungssoftware von Gopro außerdem verlangsamen, sodass jeder darin wie eine Figur aus dem Film "Matrix" aussieht. (Das funktioniert besonders gut, wenn man gerade ein Trampolin zur Hand hat.)

Mit einem Knopfdruck kann man interessante Momente markieren, die man später schnell wieder finden will. Gut fände ich es, wenn Gopro-Kameras auch GPS-Technologie beinhalteten, damit man auch den Ort einer Aufnahme markieren könnte.

Schon frühere Modelle ermöglichten es Extremsportlern, verrückte Videos aufzunehmen, doch diese hatten noch keinen LCD-Bildschirm und waren umständlich zu nutzen. Durch das Display wird die Hero 4 Silver deutlich nutzerfreundlicher. So gibt es jetzt eine Voransicht der Bilder auf der Rückseite der Kamera, und man filmt nicht mehr ständig die eigenen Nasenlöcher, wenn man Einstellungen ändern will.

Leider gibt es diesen eingebauten Bildschirm nur an der Hero 4 Silver. Die Modelle Hero und Hero 4 Black haben inzwischen bessere Bedienmenüs, müssen jedoch weiterhin mit drei Knöpfen und einem dunklen schwarz-grauen Bildschirm auf der Vorderseite bedient werden. Ich würde deshalb allen Nutzern das Silver-Modell empfehlen, die nicht unbedingt die Profifunktionen brauchen.

Extremer Energiehunger

Am meisten hat mich gestört, dass beide Hero-4-Kameras Batterien geradezu auffressen – sie halten nur etwa 2,5 Stunden. An einem Tag, an dem ich die Kameras häufig nutzte, verbrauchte ich drei oder vier Batterien. Der Bildschirm des Silver-Modells verschärft dieses Problem zusätzlich. Urlauber sollten also in jedem Fall einige Extrabatterien mitnehmen.

Einen weiteren wichtigen Faktor konnte ich nicht austesten: Gopro-Kameras bieten eine Mobil-Verbindung, sodass man sie mithilfe einer neuen Version der Gopro-App per Smartphone bedienen kann. Außerdem kann man dadurch Fotos auf dem Smartphone sichten und sie per Instagram und Facebook ins Netz stellen. Die App ist noch nicht fertig, sodass ich diese Funktion nicht testen konnte. Bei einer kurzen Vorführung wurde jedoch klar, dass die Mobil-Funktion die Batterien zusätzlich belasten wird.

Stattdessen nutzte ich die Software Gopro Studio auf meinem Computer, um Fotos und Videos ins Netz einzustellen. Diese Bearbeitungssoftware ist zwar vielseitig, jedoch gibt es keine einfache Funktion, um Bilder ins Internet zu stellen.

Tatsächlich konnte ich mit diesen Kameras Bilder schießen, die bei Instagram für Aufmerksamkeit sorgten. Doch hätte ich das auch ohne Gopro-Geräte schaffen können?

Als ich die Bay Bridge von San Francisco überquerte, befestigte ich die Gopro-Kamera an einem extra dafür geschaffenen Teleskopstock und hielt sie aus dem Fenster. Das fühlte sich auf der kurvigen Brücke zuerst etwas gefährlich an, doch die Kamera blieb gut befestigt und fing die komplette Fahrt ein. Das Video ist atemberaubend, vor allem, wenn man es im Zeitraffer abspielt. Ich habe schon immer davon geträumt, dieses Video zu machen, hätte es mit meinem Smartphone oder gar meiner digitalen Spiegelreflexkamera aber niemals versucht. Mit der Gopro hatte ich einen guten Grund, raus zu gehen und zu versuchen, interessantere Bilder zu machen, die endlich keinen mehr langweilten. (Geoffrey A. Fowler, wsj.de/derStandard.at, 1.10.2014)