Wien/Salzburg - Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist vor allem von Auswurf, Husten und häufig schwerer Atemnot gekennzeichnet. Patienten, die mit einer plötzlichen Verschlechterung der Symptome in Österreich ins Spital kommen, werden teilweise insuffizient versorgt, erklärten Lungenspezialisten bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Notwendige Untersuchungen würden demnach nicht immer durchgeführt, und nach dem Krankenhausaufenthalt fehle in Österreich eine ambulante Rehabilitation, so die Kritik.
Vom 2. bis 4. Oktober findet in Salzburg der Jahreskongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG) statt. Zur Diskussion steht dort unter anderem eine in 13 Staaten Europas durchgeführte Audit-Untersuchung über die Qualität der Versorgung von Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Dafür wurden die Daten von rund 16.000 Erkrankten erhoben und analysiert, auch 26 Kliniken in Österreich nahmen daran teil.
Hohe Mortalität
"COPD-Patienten mit einer akuten Verschlechterung ihres Zustandsbildes haben mit einer Mortalität von elf Prozent binnen 90 Tagen gegenüber Herzinfarktpatienten das doppelte Sterberisiko", sagte die Wiener Pneumologin Sylvia Hartl. An sich sollte im Verdachtsfall schon bei der Notaufnahme eine Blutgasanalyse durchgeführt werden. Doch in Europa erfolge dies bei 17 Prozent der Patienten nicht. "In Österreich kommen nur 50 Prozent dieser Patienten auf eine Intensivstation", so Hartl.
Darüber hinaus fehlten die Einrichtungen zur nicht-invasiven Beatmung akuter COPD-Patienten. Diese Maßnahme würde aber oft ausreichen und einen Aufenthalt in der Intensivstation hinfällig machen. Der zweite Kritikpunkt der Experten ist die schlechte Nachbetreuung. "In Europa werden 35 Prozent der Patienten nach einer Spitalsaufnahme wegen einer COPD-Exazerbation binnen 90 Tagen erneut ins Krankenhaus aufgenommen, in Österreich sind es 38 Prozent", sagte Hartl.
Fehlende Kassenverträge
Hier merkten die Pneumologen die fehlenden COPD-Rehabilitationseinrichtungen in Österreich an. "Wir haben in Österreich 400.000 diagnostizierte behandlungsbedürftige COPD-Patienten und gehen von einer Dunkelziffer von 800.000 Patienten aus", sagte Martin Trinker vom Klinikum Bad Gleichenberg. "Pro Jahr rund 25.000 Betroffene ins Spital aufgenommen. 2010 hatten wir 2.744 Patienten Rehabilitation, nur sechs Prozent davon ambulant." Hier fehle es vor allem an den Kassenverträgen. In der Schweiz würden hingegen nur sechs Prozent der Rehabilitations-Betreuungen stationär erfolgen, 77 Prozent ambulant und 17 Prozent gemischt.
Der zwischen Bund und Ländern vereinbarte "Österreichische Strukturplan Gesundheit" sehe für das Jahr 2020 rund 7.500 Patienten in stationärer Pulmonal-Rehabilitation vor, hinzu sollten knapp 600 Betroffene in ambulanter Rehabilitation kommen. Wie dies bei potenziell zehntausenden Akutfällen ausreichen soll, ist für die Experten fraglich. (APA/red, derStandard.at, 30.9.2015)