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Die weltweite Zahl der Wirbeltiere schrumpfte in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch - der Trend dürfte sich auch in Zukunft fortsetzen, befürchtet der WWF. Auf der indonesischen Insel Sumatra etwa starben in nur zehn Jahren über 130 der vom Aussterben bedrohten Sumatra-Elefanten (Elephas maximus sumatranus).

Foto: AP Photo/Najla Tanjung

Paris - Nur 40 Jahre hat es gedauert, dass der Mensch die Zahl der Wirbeltiere auf unserem Planeten um durchschnittlich die Hälfte reduziert: Durch die Zerstörung von Lebensraum sowie durch Jagen und Fischen gingen seit 1970 rund 39 Prozent der Land- und Meeresbewohner verloren; die Zahl der Süßwasser-Tiere ging sogar um 76 Prozent zurück, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten Bericht "Living Planet Report 2014" der Umweltschutzorganisation WWF hervorgeht. Die Zählung umfasste die Populationen von 3200 repräsentativen Wirbeltier-Arten zwischen 1970 und 2010.

Auch der ökologische Fußabdruck der Weltbevölkerung ist weiter gestiegen. Die Menschheit verbrauchen derzeit die Ressourcen von eineinhalb Planeten. Zudem steigt der Wasserverbrauch rapide an: Mehr als 200 Fluss-Einzugsgebiete, in denen knapp 2,7 Milliarden Menschen leben, leiden heute schon mindestens einen Monat im Jahr an Wasserknappheit. Die geschätzten Kosten aller Umweltschäden in der Welt betragen mehr als 6.000 Milliarden Euro, das sind mehr als elf Prozent des globalen Bruttoeinkommens, rechnet der WWF vor.

Rückgang größer als gedacht

Der WWF beklagte, dass "die Zahl der Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische weltweit im Durchschnitt rund halb so groß ist wie vor 40 Jahren". Dies sei ein "viel größerer Rückgang" als bisher gedacht. Der Klimawandel werde den Druck auf die Tierarten noch verstärken.

Der Bericht stützt sich auf Daten über 3200 Wirbeltier-Arten - 1562 Landtiere, 757 Süßwasserarten und 910 Meerestiere - von Elefanten über Haie und Schildkröten bis hin zu Albatrossen. Den drastischsten Rückgang vermeldete der WWF mit 83 Prozent aus Lateinamerika.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: In ausgewiesenen Schutzgebieten verschwinden nur halb so viele Tiere wie in nicht geschützten Gebieten. In Nepal ist die Zahl der Tiger durch intensive Schutzmaßnahmen sogar um zwei Drittel gestiegen. Dramatisch hingegen ist die Situation in Südafrika, wo die Zahl der gewilderten Nashörner von 13 Tieren im Jahr 2007 auf mehr als 1.000 im Jahr 2013 angewachsen ist.

Ungebremster Raubbau

"Wir gebrauchen die Geschenke der Natur als ob wir mehr als nur eine Erde zu unserer Verfügung hätten", kritisierte WWF-Generaldirektor Marco Lambertini im Vorwort zu dem Bericht, der alle zwei Jahre herausgegeben wird. So holze der Mensch Bäume schneller ab als sie wieder nachwachsen und überfische die Ozeane. Der Mensch gefährde dadurch seine eigene Zukunft.

Derzeit verbraucht die Menschheit in ihrer Gesamtheit die Ressourcenmenge von eineinhalb Planeten. Das ist über die Hälfte mehr als unsere Erde an natürlichen Ressourcen produzieren kann. 2030 könnten bereits zwei komplette Planeten nötig sein, damit wir weiter existieren können, so der WWF.

Reiche Länder wie die arabischen Ölstaaten oder die USA nutzen dabei ein Vielfaches an Ressourcen im Vergleich zu den armen Ländern des Südens. Von allen Ländern verbraucht China mit 19 Prozent der globalen Ressourcen durch seine Einwohnerzahl und den steigenden Lebenswandel der Bevölkerung am meisten Boden, Wasser und Luft unter allen Ländern der Welt. Beim Pro-Kopf-Verbrauch von Natur liegt China allerdings nur an 76. Stelle von 152 untersuchten Ländern. Mehr als 50 Prozent des globalen ökologischen Fußabdrucks gehen auf die Freisetzung von Kohlendioxid zurück, das den Klimawandel anheizt und die Meere versauert. Europa und Nordamerika haben dabei den größten, Afrika und die Südpazifikregion den geringsten Anteil.

Hoher Pro-Kopf-Fußabdruck in reichen Ländern

Länder, die technisch weiter entwickelt sind, haben auch einen größeren ökologischen Fußabdruck, wie der WWF-Report beschreibt. Die ärmeren Länder, die einen vergleichsweise kleinen Fußabdruck haben, sind jedoch die am meisten durch die Auswirkungen der Umweltzerstörung betroffenen. Der Pro-Kopf-Fußabdruck von Ländern mit einem hohen Einkommensniveau beträgt etwa fünf Mal so viel wie der von Ländern mit Niedrigeinkommen.

In den ärmeren Ländern ist dabei der Verlust an Tier-Populationen besonders hoch. Drei Viertel der Weltbevölkerung leben in Ländern mit gravierenden ökologischen Problemen und gleichzeitig sozialer Not durch niedrige Einkommen. Zwar zeigt sich, dass die wohlhabenderen Länder eine Zunahme ihrer Tierwelt aufweisen. Dies ist jedoch nur möglich, weil sie ihren Verbrauch von Energie, Rohstoffen und damit ihren eigenen ökologischen Fußabdruck in die ärmeren Länder auslagern.

Der WWF verwies dabei insbesondere auf das Problem der menschlichen Bevölkerungsexplosion - die Bevölkerung wuchs weltweit von 3,7 Milliarden im Jahr 1970 auf fast sieben Milliarden im Jahr 2010. Experten rechnen in den kommenden Jahrzehnten mit einem weiteren Anstieg der Weltbevölkerung.

Österreich auf Platz 17

Österreich liegt mit seinem Pro-Kopf-Fußabdruck von 152 untersuchten Ländern auf Platz 17. Würden alle Menschen so leben wie die Österreicher, bräuchte die Menschheit 3,1 Planeten, um die Bedürfnisse aller Menschen zu decken. Mehr als die Hälfte des ökologischen Fußabdrucks Österreichs fällt mit 57 Prozent auf die Freisetzung von Kohlendioxid, gefolgt vom landwirtschaftlichen Anbau mit 20 Prozent. (APA/red, derStandard.at, 30.09.2014)