Vor der Küste Spaniens gestrandeter Luxusliner, dem Fraß von Rost und Wellen überlassen. Im Bild "Spanien #33, 2003", festgehalten vom Fotografen Jörn Vanhöfen, zu sehen derzeit in der Ausstellung "Grenzenlos" in Innsbruck.

Foto: BTV Fo.Ku.S / Vanhöfen

Innsbruck - Derzeit zeigt das Fo.Ku.S in der Ausstellung Grenzenlos Arbeiten aus den beiden aktuellen Serien des deutschen Fotografen Jörn Vanhöfen (geb. 1961). Für seine Werkgruppe Aftermath sucht Vanhöfen jene Gegenden dieser Welt auf, die vom unerschütterlichen Glauben an grenzenloses Wachstum gezeichnet sind.

Zivilisatorische Ruinen und hässliche Narben, die rücksichtsloses Handeln und die ewige Profitgier in Städten und Landschaften hinterlassen haben, bannt er auf großformatige Tafelbilder. Vanhöfen komponiert diese Fotografien poetisch durch, taucht sie in betörendes Licht, und so strahlen sie gleichzeitig irritierende Schönheit und unendliche Ruhe aus. Penibel ist er darauf bedacht, auf diesen Aufnahmen keine Menschen abzubilden. So verhindert er, dass globales, menschliches Handeln einem Individuum zugeordnet werden kann.

Aus erbärmlichen, vergitterten Wohnsilos, die eher an Legebatterien denn an menschliche Behausungen erinnern, scheint für einen kurzen Moment alles Leben gewichen zu sein. In Kontrast dazu stellt Vanhöfen hoch aufschießende Bauwerke als Ausdruck menschlicher Gigantomanie. Beide Bilder stehen exemplarisch für die weltweit boomenden Megacities.

Zeugnis für den achtlosen Umgang mit Ausgedientem legt ein ehemaliges Kreuzfahrtschiff ab: Der Luxusliner ist vor der Küste Spaniens gestrandet und bleibt wohl für immer dem Fraß der Wellen und dem Rost überlassen. Und das verzweifelte Handeln, Unaufhaltbares zu verzögern, dokumentiert Vanhöfen mit der Aufnahme eines Gletschers. Großflächig ausgelegte Planen sollen die zerklüfteten Eisformationen vor dem Abschmelzen schützen - und es drängt sich der Vergleich der weißen Laken mit einem Leichentuch auf.

Jörn Vanhöfen selbst sieht sich als politischen Landschaftsfotografen. Durch die Wahl seiner Kamera - eine Großformatkamera - zwingt er sich Langsamkeit beim Ablichten seiner Motive auf. Das hilft ihm, Abstand zu wahren und seinen Standpunkt bewusst zu formulieren. (Dorothea Nikolussi-Salzer, DER STANDARD, 30.9.2014)