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Greenpeace kommen bisweilen die Gegner abhanden: Rosneft steht in der Arktis aufgrund der Sanktionen ohne Investor ExxonMobil da.

F.: Reuters / Dariusz Borowicz

Moskau - Manchmal liegen Sieg und Niederlage ganz dicht beieinander: Erst am Samstag hatte der russische Ölgigant Rosneft über die Erschließung riesiger neuer Rohstoffvorräte in der Arktis berichtet. Bei Probebohrungen in der Karasee sind Experten auf bedeutende Öl- und Gasvorkommen gestoßen. Rosneft-Präsident Igor Setschin schätzte die Reserven auf 338 Milliarden Kubikmeter Gas und mehr als 100 Millionen Tonnen "wunderbaren Leichtöls", vergleichbar mit der Marke Siberian Light, dem hochwertigsten russischen Öl.

"Das ist unser erster Sieg, und vor uns liegen noch viele weitere", kündigte Setschin im Zusammenhang mit dem Fund an: Doch diese Siege wird Rosneft zunächst einmal ohne seinen Partner ExxonMobil einfahren müssen. Der amerikanische Ölmulti muss sich wegen der neuen, vom Weißen Haus im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen aus Russland zurückziehen. Für die Beendigung der ersten Bohrungen im Universitetskaja-Feld hatte ExxonMobil noch eine Spezialerlaubnis bekommen, doch eine Verlängerung der Genehmigung wurde nicht mehr erteilt: "ExxonMobil muss seine Arbeiten einstellen und bis Mitte Oktober sein Personal abziehen", zitiert die russische Tageszeitung "Kommersant" einen Informanten aus dem Konzern.

Für Rosneft ist das ein herber Know-how-Verlust: Bei der 2011 geschlossenen strategischen Allianz kam ExxonMobil der technologische Teil zu. Bei insgesamt vier Joint Ventures (drei davon in der Karasee) sollte der US-Konzern 3,2 Milliarden Dollar in geologische Voruntersuchungen investieren.

Bis 2015 auf Eis gelegt

Augenblickliche Konsequenzen wird der Rückzug nicht haben. Wegen des bevorstehenden Winters müssen die Probebohrungen heuer ohnehin beendet werden. Experten zufolge sind in der Region aufgrund des starken Eisaufkommens erst im nächsten August wieder Erschließungsarbeiten möglich.

Die Rosneft-Führung setzt anscheinend darauf, dass die Sanktionen bis dahin aufgehoben werden. "Wenn einer (der Partner, Anm. d. Redaktion) seine Arbeit nicht fortsetzen kann, oder gehen muss, so hat er die Option auf eine Rückkehr", hielt Setschin ExxonMobil zumindest vorläufig weiterhin die Tür offen.

Russland will Bohrungen allein fortsetzen

Der russische Vizeenergieminister Kirill Molodzow allerdings erklärte, im Notfall sei Russland imstande, die Bohrarbeiten allein fortzusetzen: "Insgesamt verfügen wir über acht rein russische Bohrplattformen", sagte er. Darunter sind seinen Angaben nach auch drei Plattformen, die Arktis-tauglich sind. Die Bohrinseln wurden für die Gasprom-Lagerstätte Shtokman gebaut, deren Erschließung sich verzögert.

Bisher wurde die Erschließung von Universitetskaja jedenfalls mit einer Plattform der North Atlantic Drilling (NADL) durchgeführt, an der Rosneft nur einen Minderheitsanteil besitzt, während der Großteil der Aktien vom Norweger John Fredriksen kontrolliert wird. Da sich auch Norwegen den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat, ist neben der Kooperation mit NADL auch die Allianz mit Statoil (Gleiches gilt übrigens für die italienische Eni) infrage gestellt.

Rosneft brauche Partner in der Arktis, um die Investitionslast zu teilen und den Zugang zu Technologien sicherzustellen, erklärte Sberbank-Analyst Waleri Nesterow. Derzeit gebe es aber wenig Interessenten, räumt er ein. Rosneft muss hoffen, die Sanktionen beim Langfristprojekt aussitzen zu können. (Andre Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 30.9.2014)