Die islamische Welt kommt mit der Moderne nicht zurecht. Die Folge sind zerbrechende Staaten, amoklaufender Extremismus und eine gewaltige Flüchtlingswelle nach Europa.

Der Bogen versagender muslimischer Staaten, Gesellschaften und Eliten reicht von Afghanistan und Pakistan, dem südlichen Teil der Arabischen Halbinsel (Jemen) über die alten Hochkulturgebiete Ägypten, Irak, Syrien bis nach Nordafrika (Libyen) und tief nach Afrika (Nigeria, Somalia).

Für eine Analyse, warum vor allem die islamischen Staaten und Gebiete in einem Paroxysmus aus unerhörter Gewalt und Unregierbarkeit versinken, ist hier kein Platz. Das Ergebnis ist jedenfalls eine gewaltige Flüchtlingswelle vor allem nach Europa. Übrigens ist auch Russland massiv betroffen, aber das dortige autoritäre Regime hat sein islamisches Problem (vorläufig) in Blut erstickt. Eine der ersten Taten Putins war es, die tschetschenischen Freiheitsbewegungen (und Terroristen) mit größter Brutalität niederzuhalten. Das Ergebnis sind u. a. 25.000 Tschetschenen in Österreich, von denen sich etliche radikalisiert haben.

Jedenfalls sind es jährlich Zehntausende, die aus diesem Krisenhalbkreis nach Europa flüchten. Ihr Strom wird nicht so bald versiegen. Nachhaltige "Lösungen" gibt es derzeit nicht. Der "Westen" kann die transformativen Zuckungen der islamischen Gesellschaften nicht heilen. Er kann nur eindämmen, einerseits im militärischen Sinn vor Ort, andererseits durch Management der Elendsflüchtlinge und humanitäre Hilfe.

Management heißt übrigens auch, dass man Massenzuwanderung von aussichtslosen Nichtkriegsflüchtlingen eindämmt. Europa kann nicht Massen von Menschen ohne Ausbildung und mit völlig fremder Mentalität aufnehmen. Schweden hat es versucht, entstanden sind nichtintegrierte Parallelgesellschaften, schwere Krawalle von perspektivlosen jungen muslimischen Männern und Erfolge einer fremdenfeindlichen Partei.

Es bleibt aber ein sehr großer Rest an Pflicht zur Hilfe. Man muss entscheiden zwischen der Armutswanderung tausender junger Männer, etwa aus dem (noch) friedlichen Marokko oder Zentralafrika, und Familien, die vor dem psychopathischen Wüten des "Islamischen Staates" geflohen sind. Dazu bedarf es in Europa wie in Österreich eines Grundsatzentschlusses und eines Plans, wie man mit - realistischerweise - zehntausenden Kriegsflüchtlingen umgeht.

Teil eins ist die Anerkennung der Tatsache, dass wir wieder eine Situation wie zu Zeiten der Jugoslawienkriege haben. Teil zwei ist die Erkenntnis der muslimischen Communitys, dass auch sie sich ganz konkret um die Unter- und Durchbringung ihrer Glaubensgenossen zu kümmern haben. Teil drei sind ernsthafte Maßnahmen des Staates, wie man die zehntausenden Flüchtlinge einstuft, aufnimmt (oder eben nicht), aufteilt und betreut. Und wie man der Bevölkerung die Notwendigkeit einer Politik erklärt, die erstens anständig ist und zweitens möglichst eine Radikalisierung eindämmt. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 27.9.2014)