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Kulturminister Josef Ostermayer: Nicht er, sondern sein Sektionschef Michael Franz habe Thomas Angermair mit einem Gutachten über die Verantwortung von Matthias Hartmann beauftragt.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Der zweite Vernehmungstag im Prozess, den Matthias Hartmann gegen das Burgtheater angestrengt hat, dauerte wieder sehr lange. Der Donnerstag barg aber einige Überraschungen - und Zeugenaussagen, die im Widerspruch zu Aussagen stehen, die am Mittwoch getätigt wurden.

Wie berichtet, hält Matthias Hartmann seine Entlassung als Burgtheaterdirektor für unrechtmäßig. Zudem hätte er seiner Meinung nach nur vom Bundeskanzler abberufen werden können - und nicht von Kulturminister Josef Ostermayer. Schließlich wurde er 2006 vom Bundeskanzler - das war damals Wolfgang Schüssel - ernannt. Doch die Zuständigkeit wechselte eben. Das wurde am Mittwoch ausführlich erörtert, auch von Georg Springer, dem im Sommer zurückgetretenen Chef der Bundestheater-Holding.

Ostermayer bringt Klärung

Ostermayer, der am Donnerstagvormittag von der souverän agierenden Richterin Kristina Heissenberger befragt wurde, brachte die endgültige Klärung: Am 10. März, dem Tag vor der Entlassung, legte Hartmann sein Amt "tief getroffen von den öffentlichen Anfeindungen und Kampagnen" vorübergehend nieder. Sein Schreiben richtete der Burgtheaterdirektor aber nicht an den Kanzler - sondern an Ostermayer.

Am spannendsten waren die Aussagen des Anwaltes Thomas Angermair, der seit 1999 immer wieder für das Burgtheater tätig war, beauftragt in der Regel von den kaufmännischen Geschäftsführern, also bis 2008 von Thomas Drozda, ab dann von Silvia Stantejsky. Am 18. November 2013 wollte Stantejsky, nun die Stellvertreterin von Hartmann, einen persönlichen Termin bei Angermair: "Ich glaube, die wollen mich entlassen!", soll sie gesagt haben. Angermair sagte ihr, er könne ihr nicht helfen, da er ja für das Burgtheater tätig ist: "Ich bin conflicted." Tatsächlich entließ Hartmann tags darauf Stantejsky.

Angermair widerspricht Scholten

Am 21. November traf Angermair durch Zufall auf der Straße Kontrollbankchef Rudolf Scholten, der Hartmann beriet. Scholten soll Angermair gefragt haben, ob er schon mit der Burg wegen Stantejsky in Kontakt sei. "Wir sollten", habe Scholten gesagt, "nach einer österreichischen Lösung suchen." Angermair interpretierte den Satz so, dass die Kündigung in einen Krankenstand umgewandelt werden sollte.

Scholten hatte die Ereignisse Mittwochabend anders dargestellt: Er habe Hartmann den Tipp gegeben, sich an Angermair zu wenden, hätte mit diesem aber - wie die APA berichtete - zu keinem Zeitpunkt persönlich in der Causa Kontakt gehabt. Hartmann habe ihm, Scholten, nichts Genaues über sein Anliegen erzählt.

Es wird aber noch besser. Am Freitag, den 22. November, erhielt Angermair Anrufe von Hartmann. Der Direktor bat um einen Termin, es sei "ganz dringend". So kam es, dass Angermaier Hartmann am Sonntag besuchte. Das Treffen hätte 135 Minuten gedauert, und da Angermair als Anwalt für das Burgtheater tätig war, schickte er diesem auch die Rechnung für die Konsultation. "Es muss Hartmann klar gewesen sein, dass ich als Rechtsvertreter des Burgtheaters agiere", sagte Angermair.

Hartmann habe den Fall Stantejsky erläutert, er habe Papiere über sonderbare Geldflüsse vorgelegt, und er wollte, so Angermairs Sicht, die Causa möglichst konfliktfrei über die Bühne bringen. Gegen Ende des Gesprächs habe Hartmann gefragt, ob die Sache auch für ihn Konsequenzen haben könnte: "Droht mir auch etwas?" Angermair habe gesagt: "Sie wissen schon, dass ich Sie nicht vertreten kann." Er sei "nicht erpicht" gewesen auf weitere Informationen, aber Hartmann habe noch etwas loswerden wollen.

Und weiter? Angermair: "Ich habe keinem Menschen bisher gesagt, ob mir Hartmann etwas gesagt hat - und wenn ja, was er mir gesagt hat. Denn das unterliegt der Verschwiegenheitspflicht." Er könne daher keine Auskünfte geben. Die Richterin fragt daher Hartmann, ob er Angermair nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbinden möchte. Hartmann möchte nicht: "Wir haben unterschiedliche Erinnerungen, stelle ich fest. Ich würde das Thema ungern weiter ausbreiten." Angermair: "Dann bleibe ich bei meiner Verschwiegenheit."

Angermair bestreitet Hartmann-Vorwurf

Bekanntlich wirft Hartmann Angermair vor, dieses Wissen in seinem Gutachten, das zur Entlassung führte, verwendet zu haben. Angermair hat das bestritten.

Noch ein interessantes Detail: Nicht Ostermayer beauftragte Angermair: Er bat Sektionschef Michael Franz um Vorschläge, dieser nannte Angermair und Georg Schima. Ostermayer sagte, er habe Franz die Wahl gelassen. Und nun ist just Georg Schima der Anwalt von Hartmann. Wie wohl sein Gutachten ausgefallen wäre? (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 26.9.2014)