Grünes Enfant terrible mit Prinzipientreue: Efgani Dönmez eckt mit seinen Aussagen zwar regelmäßig vor allem innerparteilich an, hat aber dennoch weiterhin das Gefühl, "absolut richtig" zu liegen.

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STANDARD: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) will die Betreuungsquoten für Flüchtlinge auf die Gemeinden herunterrechnen: Pro 266 Einwohner soll ein Asylwerber aufgenommen werden. Für Sie die Lösung in der ewigen Asyldebatte?

Dönmez: Zumindest ist es ein vernünftiger Lösungsansatz. Es ist auf jeden Fall besser, die Leute auf kleinere Einheiten zu verteilen als konzentriert auf einige wenige Orte. Wenn jede der 2300 Gemeinden nur eine Wohneinheit für vier Personen zur Verfügung stellen würde, hätten wir auf einen Schlag zehntausend freie Plätze.

STANDARD: Menschlichkeit einzufordern ist zwar nett, hat aber in den letzten Jahren nicht gerade zu einem Überschuss an Quartieren geführt.

Dönmez: De facto gibt es aber gerade im ländlichen Raum viele leer stehende Gebäude. Das Innenministerium hat versucht, auf unterschiedliche Weise die Gemeinden in die Pflicht zu nehmen. Was nicht befriedigend genug funktioniert. Dann geht es halt offensichtlich nur mit einer gesetzlichen Verpflichtung.

STANDARD: Ist ein kommunales Quotengesetz grüne Parteilinie?

Dönmez: Es ist in erster Linie meine Meinung. Es gibt bei den Grünen Lösungsansätze, doch die Diskussionen werden meist auf einer ideologischen Ebene geführt. Sich hinter rhetorischen Floskeln zu verstecken bringt nichts. Immer passiv zu reagieren, weil die anderen einen vor sich hertreiben, ist strategisch völlig falsch.

STANDARD: Seit Jahren warnen Sie vor der Radikalisierung in Islam-Vereinen, zuletzt sind Sie für ein Verbotsgesetz für Islamismus eingetreten. Wie soll dies konkret aussehen?

Dönmez: Wir brauchen ein Verbotsgesetz, das nicht nur nationalsozialistische Wiederbetätigung, sondern auch radikalislamische Strömungen per Gesetz verbietet. Seit 1945 hat sich die Gesellschaft verändert, dies sollten wir mitbedenken. Die Behörden brauchen, was die Vorratsdatenspeicherung betrifft, gerade bei internationalen Ermittlungen, mehr Zeit.

STANDARD: In den grünen Reihen ist der Jubel nach den jüngsten Wahlerfolgen groß. Was macht man jetzt richtiger als in den letzten Jahren?

Dönmez: Natürlich freue ich mich über die Zugewinne - aber ich sehe keinen Grund, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Unsere Kommunikation ist zwar besser geworden, und die Partei ist im Auftreten einheitlich. Wir schaffen es auch, Themenschwerpunkte besser zu transportieren. Aber in aller Offenheit und Ehrlichkeit: Den Zugewinn bei den Grünen sehe ich eher in der Schwäche der anderen als in der eigenen Stärke.

STANDARD: Den grünen Ideenpool sehen Sie trockengelegt?

Dönmez: Es mangelt nicht an Ideen bei den Grünen. Aber die Strukturen sind immer noch ein Graus. Wie viel Zeit wir in internen Sitzungen und Besprechungen verbringen, das schlägt alle Rekorde. Diese interne Beschäftigung ist einfach nur lähmend.

STANDARD: Sehen Sie die Versuche von Parteichefin Eva Glawischnig, die Grünen entsprechend zu öffnen und von diversen Dogmen zu befreien, als gescheitert an?

Dönmez: Nein. Es hat ein Umdenken in manchen Bereichen gegeben. Wenn auch im Schneckentempo. Ich war ja zum Beispiel lange Zeit Angriffsfläche der internen Kritik. Mittlerweile hat sich dieses Bild gewandelt. Viele in der Partei - die, die mich als Rechten und islamophob beschimpft haben - haben inzwischen gemerkt, dass das, was ich seit Jahren thematisiere, ein hohes Maß an gesellschaftlicher Relevanz hat.

STANDARD: Auch wenn Sie Ihrer Meinung nach die internen Kritiker überzeugt haben wollen, bleibt das Gefühl, man hat Sie innerparteilich aufs politische Abstellgleis manövriert. Vom "Quoten-Türken" mit den markigen Sprüchen zum lästigen Parteikritiker. Stimmt dieses Bild?

Dönmez: Es ist ein Phänomen in der Politik, dass jene, die gegen den Strom schwimmen, nicht weit kommen. Da sind die Grünen keine Ausnahme. Dass ich einen anderen Stil und Zugang habe, ist so. Ich liege damit aber absolut richtig, denn die Menschen können unterscheiden, ob jemand nur ideologische Floskeln von sich gibt oder weiß, wovon er redet.

STANDARD: Da schwingt jetzt eine gehörige Portion Frust und Enttäuschung mit.

Dönmez: Es geht nicht um Befindlichkeiten. Aber jede andere Partei, jede Firma wäre froh, wenn Sie engagierte Leute hätte. Die Grünen haben mein Potenzial nicht erkannt. Und natürlich steht damit im Raum, dass ich nach den nächsten Wahlen still und heimlich ausgemustert werde.

STANDARD: Rudi Anschober geht 2015 wieder als Spitzenkandidat in die oberösterreichische Landtagswahl. Ein Hinweis auf ein Nachwuchsproblem, oder ist das grüne Urgestein die beste Wahl?

Dönmez: Es ist gut, dass Kollege Anschober noch einmal antritt. Der Bekanntheitsgrad ist wichtig. Aber man darf nicht übersehen, Leute aufzubauen - was zum Teil ja auch passiert. Dass man Ressourcen nicht voll ausschöpft, steht auf einem anderen Blatt. Es gilt generell: Wenn das Wohl einer Partei nur noch von einer, oder einigen wenigen, abhängig ist, dann ist es um das Wohl dieser Partei nicht gut bestellt. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 26.9.2014)