"Enttäuscht" reagierte das russische Außenministerium auf die neuen von Japan verhängten Sanktionen gegenüber dem eigenen Land im Zuge der Ukrainekrise. "Wir betrachten den unfreundlichen Schritt als weiteren Beweis für die Unfähigkeit der japanischen Seite, selbstständig eine außenpolitische Linie zu fahren", kommentierte das Außenamt. Zuvor hatte Japan fünf russische Staatsbanken (VTB, Sberbank, Wneschekonombank, Rosselchosbank und Gasprombank) auf die schwarze Liste gesetzt. Anleihen dieser Kreditinstitute und ihrer Tochtergesellschaften mit einer Laufzeit über 90 Tagen dürfen nicht mehr gezeichnet werden. Zudem hat Tokio ein Exportverbot für Waffen nach Russland verhängt.
Die neuen Restriktionen sind deutlich schärfer als die bisher implementierten Einreisebeschränkungen für ausgewählte russische Beamte, die eher Symbolcharakter haben. Sie gehen auch darüber hinaus, was in Russland von einer Sanktionsrunde offenbar erwartet wurde. Im Vorfeld wurde in russischen Medien über "weiche punktuelle Maßnahmen" spekuliert. Moskau nannte die Entscheidung "unlogisch" angesichts der Waffenruhe in der Ostukraine und warnte vor einer Verschlechterung der Beziehungen.
Im Hintergrund schwelt ein Inselstreit
Allerdings hat auch Moskau zur Eintrübung des Verhältnisses beigetragen: Der Besuch von Sergej Iwanow, dem Chef der Präsidialverwaltung, auf der von Japan beanspruchten Kurilen-Insel Iturup hat in Tokio "starkes Bedauern" hervorgerufen. Iwanow war bei der Eröffnung eines neuen Flughafens, dem er einen "originär russischen Namen" geben wollte. In Kürze soll auch Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Iturup fliegen, um den Anspruch Russlands auf die Insel zu untermauern.
Unter diesen Umständen wird der im Herbst geplante Tokio-Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin immer unwahrscheinlicher: Die während der Olympischen Spiele in Sotschi vereinbarte Reise wurde noch nicht abgesagt. Allerdings ist die Visite des japanischen Außenministers Kishida Fumio in Moskau, bei der der Besuch vorbereitet werden sollte, geplatzt. Japan ist dabei laut russischen Medien nicht das einzige Reiseziel, das auf der Kippe steht. Auch Putins Teilnahme am G-20-Gipfel in Australien ist fraglich. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 25.9.2014)