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Banges Warten, ob der Sandsackdamm am Save-Ufer hält: Das Hochwasser vom Mai dieses Jahres hatte katastrophale Folgen. Die Analyse zeigt nun: Die massiven Überschwemmungen waren zu einem Gutteil menschengemacht.

Foto: Reuters/Antonio Bronic

Sisak/Sarajevo - Massiver Regen, Straßen und Häuser unter Wasser, Hangrutschungen: Mitte September musste im Nordwesten Kroatiens der Ausnahmezustand ausgerufen werden. Es waren bereits die zweiten Überschwemmungen, die vor allem von den Wassermassen des Flusses Save ausgelöst worden waren.

Das Save-Hochwasser im Mai war verheerend gewesen. 80.000 Menschen hatten in Bosnien ihr Heim verlassen müssen - rund 7500 Häuser waren unbewohnbar geworden. Die Schäden für die Landwirtschaft waren enorm.

"Zum großen Teil menschengemacht"

Inzwischen haben Experten der Organisationen Riverwatch und "Rettet das blaue Herz Europas" die Ursachen für den Ablauf des Hochwassers analysiert und stellten in einem Bericht fest: "Das Hochwasser ist zum großen Teil menschengemacht. Zu viele Abschnitte entlang der Save sind kanalisiert oder gestaut, und ihr Retentionsraum ist schlicht zu schmal für natürlich auftretende Überschwemmungen." Weiters seien rund 78 Prozent der ursprünglichen Auen entlang der gesamten Save durch Deiche und Dämme vom Fluss abgetrennt.

Die natürlichen Überschwemmungsgebiete der Posavina-Region hätten hingegen das Hochwasser flussabwärts reduziert: "Diese Gebiete retten Mensch und Gut. Sie haben das Potenzial, über zwei Milliarden Kubikmeter an Wasser zu speichern."

Gebäude in der Gefahrenzone

Und dazu komme noch eine mangelhafte Raumplanung: "Zu viele Gebäude befinden sich innerhalb der natürlichen Überschwemmungsgebiete."

"Die wichtigste Lehre, die daraus gezogen werden sollte, ist, dass das alte Konzept der Hochwasserprävention, welches auf Kanalisierung, Dämmen und Stauseen basiert, nicht funktioniert", erläutert sagt Tibor Mikuska von der Croatian Society for Birds and Nature Protection und Leiter der Kampagne "Rettet das blaue Herz Europas" an der Save.

Neue Regulierungspläne

Aber genau das Gegenteil passiere: An der Save in Slowenien und Kroatien seien insgesamt 19 neue Staudämme geplant oder bereits in Bau. Auch werde der Fluss durch weitere Regulierungspläne gefährdet - und zwischen Belgrad und Sisak sei der Ausbau der Schifffahrtsrinne geplant.

Die wichtigste Forderung der Flussschützer lautet daher: Die bestehenden Flussökosysteme müssen mitsamt den Aulandschaften erhalten werden. Dazu könnten historische Überschwemmungsgebiete zusätzlich renaturiert werden: Laut einer WWF-Studie von 2010 könnten entlang der gesamten Save insgesamt 40.000 bis 50.000 Hektar wieder in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Würde dies umgesetzt, könnte die Save "das bemerkenswerteste natürliche Hochwasserschutzsystem in Europa werden". Und vor allem dürften in den Gebieten entlang des Flusses, die im Schnitt alle 100 Jahre überflutet werden können, grundsätzlich keine Baugenehmigungen erteilt werden.

570 geplante Staudämme

Die Save ist übrigens nur eines von drei Schwerpunktgebieten der Kampagne "Rettet das blaue Herz Europas": Und entlang des Flussnetzwerks zwischen Slowenien und Albanien ist immerhin der Bau von insgesamt 570 Staudämmen geplant. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 25.9.2014)