Wien - Es ist entweder ein wüstes Revanchefoul einer gehässigen Exekutive und Justiz. Oder ein differenziertes Urteil, mit dem Ausschreitungen zwischen Anhängern des SK Rapid und Sicherheitskräften nach einem Freundschaftsspiel geahndet worden sind. Zwischen diesen Lesarten kann man sich nach Ende des Prozesses gegen 19 wegen Landfriedensbruchs und anderer Delikte angeklagte Fußballfans entscheiden.

Bei einigen Anwesenden im Großen Schwurgerichtssaal ist am Ende des knapp zweimonatigen Prozesses recht klar, welche Ansicht sie vertreten. "Kennzeichenpflicht für Polizisten", steht auf den schwarzen T-Shirts, die einige der Männer tragen, die auf den Anklagebänken vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Michaela Röggla-Weisz Platz genommen haben.

Auch Unmutsäußerungen aus den Zuseherreihen, als die Vorsitzende die Urteile verkündet, zeigen, wem die Sympathien gelten. Und selbst der Verteidiger Manfred Arthofer, der den Großteil der Angeklagten vertritt, unterbricht Röggla-Weisz einmal empört.

Stundenlange Tumulte

Der Grund des Unmuts ist, dass 17 der 19 Angeklagten des Landfriedensbruchs für schuldig befunden wurden. Sie sollen sich am Abend des 7. September 2013 über mehrere Stunden lang in und um das Rapid-Stadion Gefechte mit Ordnern und Exekutive geliefert haben, wirft ihnen Staatsanwältin Stefanie Schön vor.

Drei Phasen unterscheidet die Anklage: Die Unruhe begann, als die Polizei nach einer Sachbeschädigung in einer Parkgarage begann, Personalien aufzunehmen. "Das hat den Fans nicht gefallen, es kam zu einem Solidarisierungseffekt", befindet Röggla-Weisz. Nach einem Funkspruch, die Stadiontore zu schließen, schaukelte sich die Lage auf: Ein Sturm in die Arena begann.

Als in der Phase drei schließlich Beamte der Sondereinheit Wega einen Mann festnahmen, da er ein Polizeikennzeichen gestohlen haben soll, flogen Bänke, Steine und Flaschen Richtung Polizei. Der Wega-Einsatz sei zwar "taktisch unklug" gewesen, hält die Vorsitzende fest, "aber nicht rechtswidrig".

Verteidigung sieht Manipulation

Von allen drei Phasen gibt es Videoaufzeichnungen der Polizei - die wiederum von Anfang an für Unmut bei der Verteidigung gesorgt haben. Sie seien von der Polizei manipulativ geschnitten worden, wird argumentiert.

Es sei auch ersichtlich, dass deutlich weniger als 100 Personen - was für die Verteidiger als Faustregel für den Landfriedensbruch gilt - dabei sind. Röggla-Weisz sieht das anders: Es müsse auf die Beteiligten nur den Eindruck einer "Menschenmenge" machen, abzählen müsse die niemand. Darüber hinaus entscheidet die Vorsitzende anhand der Videos im Zweifel immer für die Angeklagten.

Ein Freispruch und ein Schuldspruch in Höhe von sechs Monaten bedingt sind rechtskräftig. Die nicht rechtskräftigen Strafen liegen zwischen drei Monaten bedingt und 15 Monaten teilbedingt. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 23.9.2014)