Norwich - Vor dem UN-Klimagipfel in New York mahnen Wissenschafter die Staaten eindringlich, beim Klimaschutz noch rechtzeitig zu reagieren. Falls der CO2-Ausstoß weiter so hoch bleibe, wie derzeit, überschreite er in etwa 30 Jahren einen kritischen Wert. Das berichten Forscher um Corinne Le Quere vom Tyndall Zentrum für Klimaforschung im britischen Norwich in zwei aktuellen Übersichtsartikeln in "Nature Geoscience" und "Nature Climate Change".

Insgesamt dürfe die Menschheit nur etwa 3.700 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausstoßen, damit sich die Erde um nicht mehr als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt. Zwei Drittel davon seien nun bereits erreicht. Eine Erderwärmung um zwei Grad gilt als kritische Belastungsgrenze für Mensch und Natur.

Anstieg statt Reduktion

Wenn sich die CO2-Emissionen nicht ändern, seien in drei Jahrzehnten die noch verbleibenden 1.200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, schreiben die Forscher in "Nature Geoscience". Als Hauptverursacher von Kohlendioxid gelten die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Zementproduktion. Emissionen allein aus diesen beiden Bereichen stiegen im vergangenen Jahr um 2,3 Prozent und damit auf den Rekordwert von 36 Milliarden Tonnen. Hinzu kommen noch 3,2 Milliarden Tonnen CO2 durch die Vernichtung von Wäldern.

Weltweit müssten die Emissionen jedoch um über fünf Prozent pro Jahr reduziert werden, um langfristig eine gute Chance zu haben, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten, so Le Quere und Kollegen.

EU-Emissionen gesunken

China war 2013 nach Angaben der Studie in "Nature Geoscience" mit 27,7 Prozent für den größten Anteil des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich, gefolgt von den USA mit 14,4 Prozent. Die Europäische Union kam an dritter Stelle (9,7 Prozent), Indien auf Platz vier (6,6 Prozent). Die EU war allerdings eine der wenigen Regionen, in denen die Emissionen schrumpften - um 1,8 Prozent, was der Studie zufolge mit der schwachen Wirtschaftslage unter anderem in Italien und Spanien zusammenhing. In Deutschland stieg der CO2-Ausstoß hingegen.

"China stößt nun mehr aus als die USA und die EU zusammen, und die CO2-Emissionen pro Kopf liegen um 45 Prozent höher als im globalen Durchschnitt", sagte Robbie Andrew vom Klimaforschungsinstitut Cicero in Oslo, der Mitautor beider Studien ist. Der weltweite Durchschnitt lag dem Beitrag in "Nature Geoscience" nach im Jahr 2013 bei 5 Tonnen CO2 pro Person und Jahr. Die USA kommen auf 16,4, China auf 7,2, die EU auf 6,8 und Indien auf 1,9 Tonnen.

Nach Einschätzungen des Weltklimarats (IPCC) wird die Temperatur Ende des Jahrhunderts vier Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegen, sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Eine direkte Konsequenz wäre etwa ein starker Anstieg des Meeresspiegels.

Unsichere Alternativen

Sollte es nicht gelingen, den CO2-Ausstoß ausreichend zu reduzieren, sehen die Autoren kaum überzeugende Lösungsansätze: Eine Kombination aus Bioenergie und der C02-Einlagerung im Erdboden (CCS) könnte Kohlendioxid in der Atmosphäre reduzieren. Gegen Biokraftstoffe spreche aber, dass sie für die Lebensmittelsicherung und die Artenvielfalt eine Konkurrenz darstellten.

Beim Einlagern von CO2 sei wiederum ungewiss, ob eine "sichere, langfristige Speicherkapazität für Kohlendioxid" vorhanden sei. Das CO2 zu nutzen, um Meeresalgen zu düngen, sei auch ein unsicherer Weg. Niemand wisse, wie das Leben im Ozean darauf reagiere.

Die Forscher unterstreichen dagegen die Dringlichkeit eines neuen globalen Klima-Abkommens. Am Dienstag kommen zahlreiche Staatsoberhäupter zum von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon organisierten Klimagipfel zusammen. Er hofft in New York auf Impulse für einen wirksamen Weltklimavertrag mit mehr als 190 Staaten, der Ende 2015 in Paris vereinbart werden soll. (APA/red, derStandard.at, 21.9.2014)