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Dominik Thalhammer: "Ein wenig mehr Respekt wäre schön."

Foto: APA/HOCHMUTH

STANDARD: Österreich hat die WM-Qualifikation mit einem 5:1 gegen Kasachstan und dem zweiten Gruppenplatz hinter Frankreich beendet. Ihr Resümee?

Thalhammer: Wir haben unser Ziel erreicht. Frankreich ist schwer erreichbar. Das ist eine Weltklassemannschaft. Wir haben aber die Finninnen, die zuletzt bei großen Turnieren vertreten waren, überholt. Das i-Tüpfelchen wäre die Playoff-Teilnahme gewesen. Das war aber nicht sehr realistisch, weil nur acht europäische Teams bei der WM sind. Unser Ziel ist die Qualifikation für die EM 2017, wo es 16 Startplätze gibt. Das ist eine realistische Chance.

STANDARD: Welche positiven Aspekte kann man aus der Quali mitnehmen?

Thalhammer: In allen Bereichen gab es Steigerungen. Wir haben in den vergangenen dreieinhalb Jahren nur fünf von 20 Quali-Spielen verloren. Gegen die Topteams haben wir uns extrem gut verkauft. Mannschaften aus dem zweiten Lostopf, wie Finnland, haben wir eingeholt oder vielleicht sogar überholt.

STANDARD: In welchen Bereichen gibt es noch Steigerungspotenzial?

Thalhammer: Gegen die sogenannten Kleinen haben wir Probleme, das Spiel zu machen und die Torchancen zu verwerten. Im Ballbesitz müssen wir besser werden. Manche Spielsituationen werden nicht richtig gelöst. Stellenweise agieren wir zu kompliziert. Nach Ballverlust haben wir oft Schrecksekunden, anstatt einfach in die Rückeroberung des Balls zu gehen. Es gibt Dinge, die wir verbessern wollen und können. Wir werden eingehend analysieren und die Schlüsse daraus ziehen.

STANDARD: Wie viel fehlt dem Team zur Weltspitze?

Thalhammer: Da muss man realistisch bleiben. Für die Weltspitze braucht es eine unglaubliche Breite an Spielerinnen und die ist momentan noch nicht da.

STANDARD: Aufgrund von Rücktritten und verletzungsbedingten Ausfällen mussten Sie die Abwehr umbauen. Haben Sie hier eine zufriedenstellende Lösung gefunden?

Thalhammer: Wir mussten fast die Hälfte der Qualifikation ohne die Bayern-Spielerinnen Carina Wenninger und Laura Feiersinger auskommen. Das war natürlich ein Qualitätsverlust. Die beiden sind absolute Führungsspielerinnen. Auch Verena Aschauer hat auf der linken Seite extrem gefehlt. Wir haben deshalb Optionen gesucht, sie teilweise gefunden und teilweise müssen wir noch schauen, wie sich das weiterentwickelt.

STANDARD: Sind die Rahmenbedingungen für Frauenfußball in Österreich zufriedenstellend?

Thalhammer: Im Team können wir unter höchst professionellen Bedingungen arbeiten. Der Hauptansatzpunkt ist die Breite. In Dänemark gibt es zum Beispiel viermal so viele Spielerinnen wie in Österreich. Wir müssen mehr Mädchen zum Fußball bringen. Ohne Breite gibt es keine Spitze. Wir nähern uns an. Durch das nationale Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten haben wir auch im Nachwuchs bemerkenswerte Erfolge. Aber es ändert nichts daran, dass wir mehr Spielerinnen brauchen.

STANDARD: Bekommt der Frauenfußball in Österreich ausreichend Wertschätzung?

Thalhammer: Teilweise. Ab und zu denke ich mir, dass ein wenig mehr Respekt schon schön wäre. Aber es liegt auch an den Erfolgen. Wenn die EM-Quali gemeistert wird, wird mehr Wertschätzung kommen.

STANDARD: Wird der Frauenfußball trotzdem weniger belächelt als früher?

Thalhammer: Ja. Andererseits gibt es immer noch Leute, die sich abfällig äußern. Es läuft immer auf Vergleiche mit Männerfußball hinaus. Damit kann ich nichts anfangen. Die Spielerinnen opfern sehr viel Zeit fürs Team und sind teilweise auch berufstätig. Wir haben keine professionellen Spielerinnen. Nina Burger war ein paar Monate in den USA als Profi tätig, jetzt ist sie wieder zurück.

STANDARD: Haben Sie einen Plan, wie lange Sie den Job machen möchten?

Thalhammer: Nein. Ich habe einen unbefristeten Vertrag. Wir haben uns sehr viel aufgebaut, wir haben uns 2012 für die EM-Playoffs qualifiziert, wir sind in der Weltrangliste weit vormarschiert - mittlerweile bis auf Platz 26. Wir sind phasenweise an den Weltklasseteams knapp dran. Wir bekommen keine Abfuhr mehr. Wir haben uns dem erweiterten Kreis der europäischen Spitze angenähert. Es ist extrem viel passiert. Man hat viel gesät und ich denke, man kann in Bälde ernten. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 19.9.2014)