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Asien bei Nacht, aufgenommen vom Umweltsatelliten "Suomi NPP": Die Bevölkerungszentren treten als hell strahlende Regionen deutlich hervor. In den menschenleeren Weiten Australiens gaukeln Buschfeuer Siedlungen vor. Die Wachstumsschwerpunkte liegen freilich woanders: In Afrika dürften am Ende des Jahrhunderts viermal so viele Menschen leben wie heute.

Foto: REUTERS/NASA Earth Observatory

New York / Wien – Im Oktober 2011 übersprang die Weltbevölkerung die Sieben-Milliarden-Marke. Nach offizieller Zählung der Vereinten Nationen, die mit einer möglichen Abweichung von fünf Prozent als einigermaßen verlässlich gilt, liegt die Anzahl lebender Menschen heute bei 7,2 Milliarden, am Ende des Jahrhunderts könnten es noch um fünf Milliarden mehr sein: Ein aktueller UN-Bericht zeichnet ein pessimistischeres Bild von der globalen Bevölkerungsentwicklung, als das vorangegangene Studien taten - und er ist dank der verwendeten modernen Statistikmethoden womöglich auch akkurater mit seiner Einschätzung.

Hauptergebnis des von Forschern um Patrick Gerland von den Vereinten Nationen herausgegebenen Zahlenwerks: Die Weltbevölkerung wird während des gesamten 21. Jahrhunderts weiterwachsen. Im Jahr 2100 werden demnach mit einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit zwischen 9,6 und 12,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben, rund zwei Milliarden mehr als bisher angenommen.

Die Weltbevölkerungsprojektion der UN-Experten als Grafik: Auf bis zu 12,3 Milliarden könnte die Zahl der Menschen anwachsen. (Zum Vergrößern klicken)
Grafik: A. Raftery / Univ. of Washington

Für ihre in der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlichten Studie setzten die Forscher unter anderem auf sogenannte Bayes'sche Statistikverfahren, bei denen alle verfügbaren Daten miteinander kombiniert werden, um exaktere Ergebnisse zu erzielen. "In den vergangenen 20 Jahren herrschte weitgehender Konsens darüber, dass die Weltbevölkerung noch bis auf etwa neun Milliarden anwachsen wird, dann sollte die Wachstumskurve abflachen oder sogar wieder sinken", erklärt Adrian Raftery, Co-Autor der Arbeit. "Unsere Analyse zeigt jedoch, dass sich die Weltbevölkerung in diesem Jahrhundert wohl nicht stabilisieren wird."

Afrika wächst weiter

Den Löwenanteil am Gesamtwachstum nimmt Afrika ein. Von heute rund einer Milliarde könnte sich die Zahl der Menschen in dieser Region mehr als vervierfachen. Mit einbezogen sind hier bereits jüngste Daten zur Aidsentwicklung. Die Hauptursache dafür sehen die Wissenschafter in der nach wie vor hohen Geburtenrate in Subsahara-Afrika, die nicht so rasch abnimmt wie ursprünglich erwartet.

Die Bevölkerungsentwicklung nach Kontinenten aufgeschlüsselt: Während Asien stagniert, geht die Bevölkerungskurve für Afrika steil nach oben. (Zum Vergrößern klicken)
Grafik: A. Raftery / Univ. of Washington

Auf den übrigen Kontinenten dürfte sich dagegen weniger ändern: Asien, derzeit bei 4,4 Milliarden, könnte den Wachstumshöhepunkt bei einer Bevölkerung von fünf Milliarden Menschen um 2050 erreichen. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sehen die Forscher wieder einen leichten Rückgang der asiatischen Bürgerzahlen. Europa, Nord- und Lateinamerika inklusive der Karibikstaaten bleiben wahrscheinlich jeweils unter einer Milliarde.

Das rasante Bevölkerungswachstum dürfte auch andere globale Probleme wie Klimawandel, Infektionskrankheiten, Hunger und Armut verschärfen, warnen die Wissenschafter. Doch die Experten haben auch eine Lösung parat. Frühere Studien zeigten, dass es vor allem auf zwei Dinge ankommt, um die Bevölkerungsexplosion in Entwicklungsländern einzudämmen: auf besseren Zugang zu Verhütungsmitteln und Bildung für Mädchen und Frauen. (tberg, DER STANDARD, 19.9.2014)