Der Putsch-Parteitag am 13. September 1986: Siegfried Kampl (li.) und Reinhart Gaugg tragen Jörg Haider auf den Schultern. Fast auf den Tag genau 28 Jahre später wird Kampl aus seiner Gesinnungsgemeinschaft ausgeschlossen.

Es gibt also einen Einzelfall in der FPÖ, wieder einmal. Doch diesmal hat die Parteiführung prompt und tadellos reagiert, so erscheint es jedenfalls auf den ersten Blick - bei höchst oberflächlicher Betrachtung.

Was ist passiert? Siegfried Kampl, langjähriger Funktionär der FPÖ und ihrer Ableger BZÖ und FPK, erklärte in einem Zeitungsinterview, dass er nicht daran denke, sich vom Nationalsozialismus zu distanzieren. Noch am selben Abend verkündete FP-Chef Heinz-Christian Strache per Aussendung den Ausschluss des Bürgermeisters von Gurk aus der Partei: Wer "mit dem Nationalsozialismus liebäugelt, hat in der FPÖ nichts verloren", es sei "Gefahr in Verzug".

Niemand kann von diesen Aussagen Kampls überrascht worden sein, schon gar nicht seine Parteikollegen, schließlich handelt es sich bei ihm um einen notorischen Wiederholungstäter.

Beim Innsbrucker Putsch-Parteitag im Jahr 1986 war er es, der gemeinsam mit dem späteren Nazibuchstabierer Reinhart Gaugg Jörg Haider auf den Schultern zur innerparteilichen Macht trug. 1991, bereits als Bürgermeister, erklärte er: "Wenn es den Hitler nicht gegeben hätte, wäre Österreich jetzt kommunistisch."

Und im Jahr 2005 kostete Kampl seine braune Ideologie die Wahl zum Präsidenten des Bundesrats, als er Wehrmachtsdeserteure als "Kameradenmörder" diffamierte und eine "brutale Naziverfolgung" nach dem Zweiten Weltkrieg beklagte. Diese Einschätzungen verteidigte Strache damals und äußerte sich selbst 2009 erneut ähnlich: "Deserteure waren Menschen, die eigene Kameraden und Soldaten vielleicht teilweise auch erschossen und umgebracht haben."

Zugutehalten muss man Kampl, dass er als Mitglied der selbsternannten "Partei der Ehrlichen und Anständigen" wenigstens Ersteres beherzigt hat. Nicht seine Nähe zum Nationalsozialismus bescherte ihm den Parteiausschluss, sondern sein ehrlicher Umgang damit, sonst hätte der Rauswurf längst erfolgen müssen.

Der Parteiausschluss Kampls ist daher keine Lösung des Problems, denn die FPÖ ist eine Ansammlung von Einzelfällen. Nicht die braune Gesinnung steht im Widerspruch zur Parteimitgliedschaft, sondern lediglich deren unmaskierte Äußerung. Nur diese bedeutet "Gefahr in Verzug", schadet sie doch dem Parteichef in seinem Streben nach einem Anstrich von Regierungsfähigkeit. "Liebäugeln mit dem Nationalsozialismus" hat versteckt zu erfolgen, denn schließlich ist die FPÖ nicht nationalsozial, sondern nach Eigenbeschreibung heimatsozial - eine Definition, die sie übrigens mit der deutschen Neonazipartei NPD teilt.

Hetzerische Aussagen über Ausländer oder Homosexuelle tun der Karriere bei den Freiheitlichen jedoch keinen Abbruch, wie die jüngsten Debatten über Maximilian Krauss und Johann Gudenus belegen. Im Unterschied zu Kampl garantieren sie Wählerstimmen.

Wollte Strache seine Partei tatsächlich von inakzeptablem Gedankengut säubern, müsste er bei den höchsten Funktionären beginnen. (Michael Vosatka, derStandard.at, 18.9.2014)