Röthelstein – Das Amt eines Bürgermeisters kann ja auch Freude bereiten. Als erster Bürger im Ort wird man freundlich begrüßt, kann mithelfen, die Gemeinde zu entwickeln und den Bewohnern, so gut es geht, unter die Arme greifen. Dass aber Freundschaftsdienste oder gar Freunderlwirtschaft nicht dazuzählt, hat jetzt die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung den Ortschef der kleinen Grazer Umlandgemeinde Röthelstein, Harald Reiter, in recht forschem Ton wissen lassen.
Der Bürgermeister, genauer der dortige Gemeinderat unter seinem Vorsitz, hat noch rasch, bevor Röthelstein im Zuge der Gemeindefusion an die Stadt Frohnleiten angedockt wird, beschlossen, Gemeindewohnungen zu verkaufen, und das ausgerechnet an das engste Umfeld des Bürgermeisters, der eine Wirtschaftsliste anführt. In den Genuss der Wohnungen sollen die Gemeindesekretärin, deren Mann sowie die Gemeindekassiererin kommen, die auch Gemeinderatsmitglied ist.
Finanzieller Nachteil für Gemeinde
Der Bezirkshauptmann lässt die Gemeindeaufsicht des Landes in einem Schreiben nun wissen, dass die Behörde diesen Verkauf nicht akzeptiere, weil der Deal samt Gutachten "einen nennenswerten finanziellen Nachteil für die Gemeinde Röthelstein bringen würde". Die Vergabe sei ohne Bestbieterverfahren gelaufen, das Land möge prüfen, ob der Fall nicht der Korruptionsstaatsanwaltschaft weitergeleitet werden müsse, da es sich um eine "nicht gesetzeskonforme Vorgangsweise des Bürgermeisters" handle.
Den Käufern seien "nicht nachvollziehbare geringe Verkaufspreise der Wohnungen vermittelt worden", und obendrein bestehe "ein dienstliches Naheverhältnis zum Bürgermeister". Obendrein seien dann von den insgesamt neun Wohnungen im Gemeindehaus insgesamt fünf Wohnungen im Besitz der Sekretärin und ihres Gatten, eine würde die Amtskassiererin übernehmen.
In einem Schreiben an die Gemeindeaufsicht des Landes wehrt sich Bürgermeister Reiter gegen den Vorwurf der Freunderlwirtschaft. Die Gemeinde Röthelstein habe 225 Einwohner, "da hat jeder zu jedem ein Naheverhältnis". Der Beschluss für die Verkäufe sei im Juni vom Gemeinderat gefasst worden. Dass die Gemeindekassiererin laut Protokoll als Gemeinderätin für den Verkauf mitgestimmt habe, sei irrtümlich passiert. Dies werde in der nächsten Gemeinderatssitzung korrigiert. Tatsächlich habe sie sich der Stimme enthalten.
"Es war ein Fehler"
Bürgermeister Reiter zeigte sich im Gespräch mit dem STANDARD etwas zerknirscht. Er müsse zugeben, dass die Optik eine ziemlich schlechte sei: "Diesen Vorwurf muss ich mir gefallen lassen." Dass er die Wohnungen nicht öffentlich ausgeschrieben habe, sei ein Fehler gewesen. "Dass ich das nur über Mundpropaganda gemacht habe, war nicht richtig, auch diesen Vorwurf muss ich mir gefallen lassen", sagt Reiter. Er habe die Wohnungen zwar in einem Lokalblatt inseriert, woraufhin sich aber keiner gemeldet habe. Reiter: "Jetzt muss ich halt warten, was bei der Prüfung herauskommt."
In der Gemeindeaufsicht des Landes hält man die Sache aber auf Sparflamme. Die kritische Information der BH mit der Aufforderung, die Korruptionsstaatsanwaltschaft einzuschalten, kam zwar schon im Juni, auf STANDARD-Anfrage hieß es in der zuständigen Abteilung der Landesregierung lediglich, der Akt befinde sich "in aufsichtsbehördlicher Prüfung." (Walter Müller, DER STANDARD, 18.9.2014)