Wien - Im Wiener Landesgericht ist am Mittwoch die über einen Lkw-Fahrer verhängte Strafe angehoben worden, der bei einem Abbiegemanöver zwei Fußgängerinnen getötet und eine Frau schwer verletzt hatte. Ein Drei-Richter-Senat gab der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Ersturteil des Bezirksgerichts Favoriten Folge. Eine Straferhöhung sei "unabdingbar", hielt die Vorsitzende Sonja Höpler-Salat fest.

Der 28 Jahre alte Lkw-Fahrer war im Juni 2013 in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu sechs Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Er hatte am 8. Februar 2012 beim Rechtsabbiegen an der Kreuzung Raxstraße - Laxenburger Straße drei Fußgängerinnen übersehen, die vorschriftsmäßig den Zebrastreifen überquerten. Eine 59 Jahre alte Frau und ein zwölfjähriges Mädchen starben.

Die Mutter des Kindes, die verzweifelt versuchte, ihre unter dem Fahrzeug zu liegen gekommene Tochter hervorzuziehen, wurde ebenfalls niedergestoßen, als der tonnenschwere, 13 Meter lange Lkw noch einmal anfuhr. Die 41-Jährige wurde überrollt. Der Schwerverletzten mussten infolge ausgedehnter Quetschungen an den Unterschenkeln beide Beine abgenommen werden. Nachdem sie aus der Intensivstation des AKH entlassen wurde, erfuhr sie, dass ihre Tochter den Unfall aufgrund massiver Kopfverletzungen nicht überlebt hatte.

Mangelhafte Gewichtung der Strafzumessungsgründe

Der Berufungssenat erhöhte nun die Strafe auf neun Monate, davon drei Monate unbedingt. Das Erstgericht habe die Strafzumessungsgründe nicht entsprechend gewichtet, hieß es in der Begründung. Es liege zweifellos "ein schwerer Grad an Fahrlässigkeit" vor, demgegenüber aber kein vom Erstgericht angenommenes allfälliges Mitverschulden der Opfer. "Das waren drei Fußgängerinnen, die ganz normal über den Zebrastreifen gehen wollten", sagte die vorsitzende Richterin.

Er könne sich nicht vorstellen, "wie das passiert ist", hatte der Lkw-Fahrer in seiner Einvernahme am BG Favoriten erklärt. Er fahre "normalerweise vorsichtig und konzentriert". Er wisse nicht, weshalb er die Frauen nicht gesehen habe. Die Mutter des getöteten Mädchens hatte von Anfang versichert, die Ampel habe Grün angezeigt, als sie mit ihrer Tochter losgegangen sei.

Ob der 28-Jährige den unbedingten Teil seiner Strafe im elektronisch überwachten Hausarrest oder im Gefängnis verbüßen muss, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. An sich wäre er ein klassischer Fußfessel-Kandidat. Sein Verteidiger Rainer Rienmüller machte darauf aufmerksam, dass der Unfall auch für den Mann nicht ohne Folgen blieb: "Er hat seinen Job verloren, weil er nicht mehr in der Lage war, diesen auszuüben. Er hat Albträume, hat auch seine Verlobte verloren, die sich von ihm getrennt hat." Der Mann selbst kam in dem Berufungsverfahren nicht mehr zu Wort, durfte aber ein Schlusswort abgeben: "Es tut mir sehr leid. Ich würde das gern ungeschehen machen." (APA, 17.9.2014)