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Bernd Lucke zu den Kontakten mancher AfD-Mitglieder zum rechten Rand: "Man hat Schwierigkeiten, Menschen, die Mitglieder werden wollen, ins Gehirn zu gucken."

Foto: Reuters / F. Bensch

STANDARD: Sie sehen Ihre AfD schon als "kleine Volkspartei". Ist das nicht ein wenig vorschnell? Sie sind noch nicht im Bundestag ...

Lucke: Die Landtagswahlen waren der Durchbruch. Wir sind als Partei mit Europa-Themen bekannt geworden. Jetzt aber haben wir Erfolge erzielt auf einer Ebene, auf der Europa nicht ausschlaggebend ist. Das zeigt: Wir sind da.

STANDARD: Haben Sie Sorge, das Schicksal der Piraten zu erleiden? Diese hatten zunächst auch viel Erfolg, heute spielen sie keine Rolle mehr?

Lucke: Nein, habe ich nicht. Die Piraten waren thematisch viel zu dünn aufgestellt und hatten nur das Thema Internet. Bei uns sind der Euro sowie wirtschaftliches Wohlergehen zentrale Themen. Zudem setzen wir uns für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, nachhaltige Staatsfinanzen und soziale Marktwirtschaft ein.

STANDARD: Das würden alle anderen Parteien auch unterschreiben.

Lucke: Tun sie aber nicht. Bei der Eurorettung wurde der Maastricht-Vertrag gebrochen. Da hat die Koalition einfach das gemacht, was sie gerade für richtig hielt - ungeachtet des Gebots, dass kein Staat in der EU die Schulden des anderen übernehmen soll. Da sehe ich den Rechtsstaat gefährdet. Und dass die Grundlagen für wirtschaftlichen Erfolg immer stärker zurückgedrängt werden, sieht man bei der Energiewende. Es wird Strom produziert mit Technologien, die sich am freien Markt nicht halten könnten.

STANDARD: Wollen Sie Windparks schließen und AKWs wieder hochfahren?

Lucke: Zur Atomkraft müssen wir nicht zurück, Deutschland hat Gas und Kohle. Mir geht es darum, von dieser Klimahysterie wegzukommen. Die Deutschen glauben, sie seien die Einzigen, die das Klima retten müssten. Wenn die anderen nichts tun, wird unser bisschen CO2-Einsparung in Deutschland auch nichts nutzen.

STANDARD: Bei den Landtagswahlen stand bei der AfD weniger die Euro-, mehr die Familienpolitik im Vordergrund. Ist das Ihr Thema der Zukunft?

Lucke: Mir geht es da gar nicht so sehr ums Finanzielle, sondern um einen Imagewandel hin zu einem positiven Familienbild. Es stört mich, wenn eine Mutter, die sich um ihre Kinder kümmert, als rückständiges Heimchen am Herd angesehen wird. Wir sollten nicht vergessen, dass 71 Prozent aller Kinder in Deutschland in einer normalen Familie aufwachsen.

STANDARD: Auch bei anderen Themen vertritt die AfD die frühere CDU-Linie. Sie lehnen Mindestlöhne ab, sind für strengere Zuwanderung. Wollen Sie eine Kopie der alten CDU sein?

Lucke: Es ist richtig, dass wir manche Positionen vertreten, die die CDU mal hatte. Aber wir haben noch weitergehende Forderungen, wollen etwa Volksentscheide auf Bundesebene. Das lehnt die CDU ja ab. Ich wäre dafür, über ein vereinfachtes Steuersystem die Bürger abstimmen zu lassen. Das hat die CDU früher versprochen, aber die Altparteien haben nichts daraus gemacht.

STANDARD: Die CDU-Spitze lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ab. Ärgert Sie das?

Lucke: Einerseits möchte ich natürlich als Partei ernst genommen werden von der CDU. Aber wenn die CDU ihre Partner bei SPD und Grünen sieht - dann gibt es viele Wähler, die das nicht wollen. Dadurch öffnet die CDU uns Räume.

STANDARD: Immer wieder fallen AfD-Mitglieder durch Kontakte zum äußerst rechten Spektrum auf. Das ist doch kein Zufall. Bieten Sie diesen bewusst eine Heimat?

Lucke: Nein. Wir sind eine junge Partei, und man hat Schwierigkeiten, Menschen, die Mitglieder werden wollen, ins Gehirn zu gucken. Daher kann es vorkommen, dass Mitglieder aufgenommen werden, die Anschauungen haben, die weiter rechts sind als passend. Aber wenn die sich äußern, dann schmeißen wir sie raus.

STANDARD: Kränkt es Sie, dass die AfD in die Nähe der NPD gerückt wird?

Lucke: Selbstverständlich. Das ist eine Hetzkampagne der CDU, die weiß, dass wir sehr viele Positionen vertreten, die sie früher auch vertreten hat. Also sieht sie die Gefahr, Wähler an uns zu verlieren. Daher versucht sie den Eindruck zu erwecken, die AfD sei meilenweit von der CDU entfernt und ganz rechts anzusiedeln. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 16.9.2014)