Selma Mautner untersucht, wie das Geschlechterverhältnis von Krebsen durch Parasiten verändert wird.

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Die Oberösterreicherin studierte Biologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, ihre Dissertation hat sie bereits in Kanada fertiggestellt.

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Die Bay of Fundy am Golf von Maine in Kanada war Selma Mautners Arbeitsgebiet. In Wattstiefeln war sie in der Bucht unterwegs, die sich durch einen Tidenhub (Unterschied zwischen Ebbe und Flut) von bis zu 21 Metern auszeichnet. Ideales Terrain für ihren damaligen Forschungsinhalt: "Wie das Geschlechterverhältnis von Krebsen durch Parasiten verändert wird", erklärt die 41-jährige Oberösterreicherin.

Mautner studierte Biologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, ihre Dissertation hat sie bereits in Kanada fertiggestellt. Dorthin, nach Ottawa, war sie ihrem Mann 2001 gefolgt. Diesen, einen Informatiker, hatte ein berufliches Angebot in Kanadas Hauptstadt gelockt.

Aus einem Auslandsjahr wurde mehr, Selma Mautner wurde nach ihrer Dissertation an der dortigen Universität mit einem Schrödinger-Stipendium als Postdoc angestellt. 2005 kam ihr erster Sohn auf die Welt, nach zehn Monaten ging sie wieder arbeiten: "Es gibt dort sehr viele Tagesmütter und Kinderkrippen", erzählt sie, "es ist üblich, dass man mit Kind berufstätig ist. Sogar die ganz kleinen Kinder werden mit Bussen zur Tagesmutter abgeholt."

Wertschätzung für Forschungsideen

Sie erhielt für ein Semester einen Lehrauftrag in Evolutionsbiologie, danach stand erstmals eine Rückkehr nach Österreich im Raum. "Aber", so sagt sie, "mir war schon nach der Dissertation klar: Wenn man weg ist, ist man weg." In Kanada habe sie sich immer "sehr gut aufgenommen und wertgeschätzt" gefühlt mit ihren Forschungsideen, das sei in Österreich nicht so einfach. Es waren dementsprechend primär familiäre Gründe, die sie 2006 nach Österreich zurückkehren ließen.

"Ich bin in Graz einfach an die Uni gegangen. Es war ein unglaublicher Zufall, dass es da gerade eine passende Postdoc-Stelle im EU-Bereich für mich gab", erzählt sie. Trotzdem: Eine Karriere mit Kind an der Uni sei in Österreich beinahe unmöglich. 2009 kam ihr zweiter Sohn auf die Welt, zwei ihrer Projektanträge beim Wissenschaftsfonds FWF wurden abgelehnt.

Jungforscher würden dort "viel mehr wahrgenommen"

"Es gibt einen immensen Kulturunterschied zu Kanada", sagt sie. "Dort werden junge Forscher viel mehr wahrgenommen – und nicht vor allem als günstige Arbeitskräfte betrachtet wie in Österreich", sagt sie. Mautner selbst ist heute "Science Editor" der Johanneum-Research-Forschungsgesellschaft am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften und an der Medizinischen Universität Graz. Sie wirkt sehr zufrieden damit, obwohl sie in dieser Funktion nicht mehr selber forscht. Das war sozusagen der Preis ihrer Rückkehr nach Österreich.

Was in Österreich im Forschungsbereich so fehle, sei, "dass aktiv nach Leuten gesucht wird". Je spezialisierter man sei, desto schwieriger werde es, eine Stelle zu finden. "Forschung ist in Österreich schlicht und einfach unterfinanziert" ist ihr Fazit. Sie sei dem FWF sehr dankbar, aber auch hier erfordere "Förderungen einzureichen ein spezielles Know-how". Genehmigungen für Projekte zu erhalten dauere "oft irrsinnig lange".

In ihrer jetzigen Funktion an der Med-Uni Graz arbeite sie viel mit Forschenden in der Postdoc-Phase zusammen. Ihre Erfahrung: "Es wird erwartet, dass die jungen Wissenschafter mindestens ein halbes Jahr ins Ausland gehen. Meiner Meinung nach wäre es wichtig, die Mobilität besser zu planen. Es wäre, denke ich, oft günstiger, schon früher ins Ausland zu gehen und nicht erst mit Mitte 30, wenn die Familienplanung ansteht."

Mittelbau fehlt

Von den Professoren wünscht sie sich gerade in Sachen Austauschprogramme mit dem Ausland mehr Unterstützung. Ein weiteres Problem: "Es fehlt ein stabiler Mittelbau. Es gibt zu wenig wissenschaftliche Mitarbeiter, es will ja gar nicht jeder Professor werden." Nach Kanada zurückzugehen kann sie sich vorstellen: "Wir sind Doppelstaatsbürger", sagt sie, "da ist alles offen." (Tanja Paar, derStandard.at, 16.9.2014)