Christoph Hagen hält ein Handy für Mindestsicherungsempfänger für unnötig.

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Wien - Der Team-Stronach-Abgeordnete Christoph Hagen will Armenhäuser wiedereinführen. Den "Vorarlberger Nachrichten" erklärte er am Dienstag: "Wenn du da mal drinnen bist, dann bemühst du dich, wieder einen Job zu bekommen." Mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung würden die Menschen "zum Nichtstun erzogen".

"Es muss sich wieder lohnen zu arbeiten. Viele Leute nützen den Staat nur aus. Man muss sie so erziehen, dass sie wieder arbeiten gehen", argumentierte Hagen. "Warum braucht ein Alleinstehender eine Zweizimmerwohnung, die von der BH (Bezirkshauptmannschaft, Anm.) gestellt wird? Warum braucht ein Mindestsicherungsempfänger ein Handy, einen Fernseher oder einen Laptop?", fragt sich der Abgeordnete.

"Nicht jeder muss Luxusstandard haben"

Er wolle niemanden fallen lassen, "aber es muss nicht jeder einen Luxusstandard haben", meinte Hagen. "In Armenhäusern wird man versorgt. Die Leute können gemeinnützig arbeiten und Taschengeld verdienen. Es gibt einen Gemeinschaftsraum mit Fernseher sowie Dusche und WC am Gang." Ein kleines Einzelzimmer mit Bett solle die Privatsphäre garantieren.

Bei Familien müsse man natürlich schauen, dass "die Kinder nicht unter die Räder kommen". Nach Hagens Vorstellungen aber nicht in Form von rein finanziellen Zuschüssen, sondern gezielt über Lebensmittelmarken, die nicht gegen Zigaretten und Alkohol eingetauscht werden könnten.

Die Meinung Hagens sei nicht nicht Parteilinie des Teams Stronach, stellte Klubobfrau Kathrin Nachbaur klar. Laut Programm des Teams Stronach könne ein Land nur daran gemessen werden, wie es sich um die "schwächsten Mitmenschen" sorge. Niemand solle in Österreich Hunger leiden oder obdachlos sein, aber jeder solle im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag leisten. Auf die Frage nach etwaigen Konsequenzen für Hagen wollte Nachbaur nicht eingehen, man mache sich so etwas immer intern aus.

814 Euro im Monat

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung liegt in Österreich bei Alleinstehenden monatlich bei 814 Euro, bei Paaren bei 1222 Euro. Die Sozialleistung wird zwölf mal im Jahr ausbezahlt. Sie kommt zum Tragen, wenn der Lebensunterhalt nicht über ausreichend finanzielle Mittel bestritten werden kann. Die Mindestsicherung ist eine Länderangelegenheit, eine Hälfte zahlt die jeweilige Gemeinde, die andere wird vom Land beglichen. Im Jahr 2012 bezogen rund 220.000 Personen Mindestsicherung.

Grüne und Neos schockiert

Die Neos haben sich nach Aussagen zu Mindestsicherungsbeziehern am Dienstag schockiert über das mittelalterliche Menschenbild des Teams Stronach gezeigt. "Die Forderung nach Armenhäusern und Lebensmittelmarken stellen jegliche Errungenschaft moderner Sozialstaaten in Frage", sagte Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. Die Pläne von Hagen würden "zu einer Erniedrigung sozial bedürftiger und meist ohnehin schon stigmatisierter Menschen führen."

Auch die Grünen sind empört. Sozialsprecherin Judith Schwentner: "Neben einem Grundkurs österreichischer Geschichte empfehle ich dem Team Stronach eine Factfinding-Mission. Das, was sie wollen, können sie live besichtigen: nämlich im Osten Russlands oder in Nordkorea." Diktion und Inhalt der "absurden Positionen" des Teams Stronach zur Mindestsicherung seien zwar "erschreckend, aber in einer funktionierenden Demokratie glücklicherweise nicht realisierbar". (APA, 16.9.2014)