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Für Verbandspräsident José Maria Marin hört sich der Spaß bald auf.

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São Paulo / Zürich - Die größte Freude ist es, anderen eine Freude zu bereiten. Also beschenkte sich Brasiliens Fußballverband (CBF) anlässlich seines 100. Geburtstages mit dem Verschenken von wertvollen Uhren an Funktionäre des Weltverbandes Fifa. Die goldene Gelegenheit, die Pretiosen an ganz wenige Frauen, aber sehr viele Männer zu bringen, bot der Fifa-Kongress unmittelbar vor der Weltmeisterschaft in Brasilien im Sommer. Über den nach Angaben der Fifa bereits im Juni gemeldeten Fall von, nun ja, unangebrachter Großzügigkeit, berichteten gleichzeitig die Welt am Sonntag und der Daily Telegraph.

Demnach wären die Mitglieder der Fifa-Exekutive, die Verbandspräsidenten der WM-Teilnehmer sowie die Präsidenten der im südamerikanischen Kontinentalverband (Conmebol) versammelten Verbände mit Uhren eines Partners der CBF überrascht worden - alles in allem rund 60 Personen. Bei einem Verkaufspreis von circa 20.000 Euro pro Uhr ein recht stattliches Präsent der Confederação Brasileira de Futebol.

Zwanzigers späte Überraschung

Die Fifa will nun prüfen, wer sich beschenken ließ. Theo Zwanziger, Exekutivmitglied und ehemaliger Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), hat seine Uhr im Gegensatz zu seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach nicht sofort an die CBF retourniert. Zwanziger will die Uhr erst später, nach Anruf eines britischen Journalisten, bemerkt haben. Das gute Stück war nämlich heimtückischerweise in ein Brasilien-Trikot eingewickelt gewesen, das sich neben einem Fifa-Leiberl, Kugelschreiber, Wimpel und Anstecknadeln in einem im Hotelzimmer deponierten Fifa-Sackerl gefunden habe.

Zwanziger habe die Ethikkommission der Fifa umgehend darüber informiert, dass er die Uhr zurückgeben möchte. Schließlich verbietet der Ethikkodex der Fifa ausdrücklich die Annahme solch wertvoller Geschenke für den persönlichen Gebrauch.

Konsequenten oder keine Konsequenzen

Zwanziger, über den Wert bestürzt, fordert Konsequenzen für den brasilianischen Verband unter Präsident José Maria Marin. Zu dessen Verteidigung könnte angeführt werden, dass Fifa-Boss Joseph S. Blatter und -Generalsekretär Jerome Valcke selbst an das Ethikkomitee herangetreten waren, um Mitgliedern des Exekutivkomitees die nicht weniger edle, offizielle WM-Uhr des einschlägigen Fifa-Partners zukommen zu lassen.

Domenico Scala, der Vorsitzende der 2012 installierten Audit- und Compliance-Kommission, reagierte nach Rücksprache mit Michael J. Garcia, dem Chefermittler der Ethikkommission, allerdings ablehnend. "Die Uhren sind nicht nach Brasilien geschickt worden", bestätigte die Niederösterreicherin Delia Fischer, die seit einem Jahr in Zürich als Medienchefin des Weltverbandes wirkt.

Kein Fall für Garcia

Dass sich nun der ehemalige New Yorker Staatsanwalt Garcia mit der Großzügigkeit der Brasilianer und deren nicht von Zweifel an der moralischen Vertretbarkeit angekränkelten Adressaten beschäftige, dementierte Fischer. Dabei hätte der 53-Jährige, der einmal beinahe FBI-Chef geworden wäre, wieder Zeit, nachdem er seine Ermittlungsergebnisse zu den höchst dubiosen Vergaben der WM-Endrunden 2018 (an Russland) und 2022 (an Katar) an die Recht sprechende Kammer unter dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert weitergeleitet hat.

Gerüchten zufolge könnte die mit Urteilen einhergehende Veröffentlichung von Garcias Erkenntnissen erst 2015 erfolgen - jedenfalls nach dem 29. Mai, an dem sich Blatter erneut der Präsidentenwahl stellt. (sid, lü, DER STANDARD, 15.9.2014)