Das Schreckgespenst der Modewoche in Mailand heißt Russland. Der Lieferboykott trifft auch Italiens Mode- und Schuhindustrie. Der Schaden wird auf bis zu zwei Mrd. Euro geschätzt. Zugleich aber investieren Russen in den Modesektor. Die russische Staatsbank VTB respektive der von ihr kontrollierte Finanzinvestor VTB Capital will das Imperium des Roberto Cavalli übernehmen. Die Verhandlungen über den Mehrheitserwerb seien im Endspurt, hieß es in Mailand. Als Preis für bis zu 60 Prozent des Cavalli-Imperiums werden 500 Millionen Euro genannt, zehn Prozent mehr, als der britische Finanzinverstor Permira geboten hatte. Cavalli, der mit seiner skurrilen Mode international für Furore sorgte, hat bereits vor Jahren Verkaufsabsichten kundgetan. Die Angebote stellten den Modezaren aber nicht zufrieden.
Inzwischen hat er das Unternehmen restrukturiert und saniert. Im Vorjahr belief sich der bei einem Umsatz von 201 Mio. Euro erwirtschaftete Ertrag vor Zinsen, Steuern und Amortisation (Ebitda) auf 22,4 Mio. Euro. Cavalli verfügt über 179 Geschäfte, davon 44 in Eigenbetrieb. Als Grund für den Verkauf gilt auch Desinteresse seiner Nachkommen an Mode.
Italiens Schuhindustrie, der Fachverband Assocalzaturifici, warnt unterdessen, dass die EU-Sanktionen gegen Russland bis zu 400 Stilllegungen von Schuhfirmen zur Folge haben könnten. Auch die Textil- und Modeindustrie sind in Aufruhr. Russland ist an die Spitze der Exportrangliste avanciert. Im ersten Halbjahr haben - auch infolge der Rubelabwertung - russische Einkäufer bis zu zehn Prozent weniger Produkte made in Italy gekauft als im Vorjahr. (tkb, DER STANDARD, 14.9.2014)