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Der Weg ins heimische Versorgungsnetz ist lang: Der Großteil des russischen Gases kommt über die Ukraine und die Slowakei nach Österreich.

Foto: Reuters/Gazeta

Frage: Wie kommt Gas aus Russland nach Österreich?

Antwort: Die wichtigste heimische Übernahmestelle für Gas liegt in Baumgarten im Marchfeld, an der Grenze zur Slowakei. Dort kommt das Gas aus Russland an, das etwa 50 bis 60 Prozent des heimischen Bedarfs abdeckt. Der Rest entfällt auf Eigenproduktion (20 Prozent) und auf Importe aus Deutschland. Wichtigster österreichischer Importeur von russischem Gas ist die Econgas Austria. Das Privatunternehmen im mehrheitlichen Eigentum der OMV wickelt die Bestellungen mit Gasprom-Export ab.

Frage: Wie läuft der Gaseinkauf ab?

Antwort: Die Econgas prognostiziert, was ihre Endabnehmer, also etwa österreichische Energieversorger aber auch Industriebetriebe wie die Voest, an Gas brauchen werden. Auf Basis dieser Prognose wird an die Gasprom die ungefähre Bestellmenge für die kommende Woche übermittelt. Das ist wichtig, weil der Gastransport über die Ukraine und die Slowakei einige Tage lang dauert. Die tatsächliche Gasliefermenge wird dann jeden Tag im Laufe des sogenannten Gastags festgelegt.

Frage: Was ist ein Gastag?

Antwort: Die Econgas gibt jeweils am späten Nachmittag bekannt, wie viel Gas sie am kommenden Tag wirklich erwerben will ("Nominierung"). Diese Menge kann zwischen sechs Uhr und 18 Uhr des darauffolgenden Tages stündlich korrigiert werden ("Nachnominierung"). So können zum Beispiel die Temperaturen unerwartet fallen, weshalb Haushalte mehr heizen müssen und mehr Gas als erwartet gebraucht wird. Die Gasprom kann den Wünschen voll oder zum Teil nachkommen.

Frage: Wird bereits weniger Gas aus Russland nach Österreich geliefert?

Antwort: Seit Anfang September belaufen sich die Lieferungen via Baumgarten auf durchschnittlich 50 Millionen Kubikmeter pro Tag, laut Experten ein für die Jahreszeit üblicher Wert. Am Donnerstag und Freitag hat die Gasprom weniger Gas geliefert als von den Importeuren in Baumgarten gewünscht - laut Energieregulierungsbehörde E-Control Austria um etwa 15 Prozent weniger. Die am Gastag vertraglich zugesagte Menge ist aber angekommen. Bei der E-Control und der OMV heißt es, dass Schwankungen von 15 Prozent und mehr vorkommen: Es sei keine Seltenheit, dass Gasprom die im Tageshandel nachgefragte Menge nicht zusagen kann.

Frage: Warum schwanken die Gasliefermengen?

Antwort: Mögliche Gründe sind laut Bernhard Painz von der E-Control Wartungsarbeiten im Pipelinenetz, die eine Energiebeförderung nach Westeuropa behindern. Eine andere Variante ist, dass Speicher in Russland aufgefüllt werden und deswegen weniger Gas zur Verfügung steht. Ob die im Voraus verabredete Bandbreite für die Lieferungen von Gasprom derzeit eingehalten wird, wollte die OMV nicht kommentieren. Die E-Control habe dazu keine Daten, sagt Painz. Doch Österreichs Gasversorger sind verpflichtet, der Regulierungsbehörde maßgebliche Liefereinbrüche umgehend zu melden. Einen solchen Alarm hat es bisher nicht gegeben.

Frage: Heißt das business as usual mit der Gasprom?

Antwort: Ungewöhnlich ist laut Marktinsidern derzeit nur, dass Gasprom keinen Grund für die geringeren Lieferungen nennt. Dies dürfte mit der gespannten Stimmung zwischen Russland und der EU zusammenhängen - die Russen sehen keinen Grund für Freundlichkeiten. Berichte über Unregelmäßigkeiten kamen aus Polen: So sollen die russischen Gaslieferungen dort am Donnerstag 45 Prozent unter den mit Gasprom vereinbarten Mengen gewesen sein. Die polnische Nachrichtenagentur PAP meldete aber am Freitag, dass Russland sogar mehr Gas als üblich nach Polen geliefert hat. Aber die gelieferten Mengen lagen eben unter den angefragten Mengen.

Frage: Dient das via Baumgarten kommende Gas nur für den Inlandsverbrauch?

Antwort: Nein. Der größte Teil des Rohstoffes wird weiterexportiert - nach Ungarn, Deutschland, Italien und Slowenien.

Frage: Ist die Versorgung in Gefahr, wenn Russland kein Gas liefert?

Antwort: Bei der E-Control beruhigt man: In Österreichs Speichern gelagertes Gas könne den heimischen Bedarf für längere Zeit abdecken. (András Szigetvari, DER STANDARD, 13.9.2014)