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Von den Straßen in Buenos Aires in die ganze Welt? Von wegen. Die Unsicherheit und Proteste um die argentinische Pleite haben die Kapitalmärkte anderer Schwellenländer kaum erschüttert.

Foto: AP/Sohn

Wien - In Schuldenkrisen ist die Angst vor einem Dominoeffekt immer groß. Der Bankrott Griechenlands hat wenig später auch Portugal und Irland in Europas Schuldendomino erwischt. Doch die komplexe Pleite von Argentinien, die auf einen Rechtsstreit des Landes mit US-Hedgefonds zurückzuführen ist, hat für andere Schwellenländer kaum Folgen.

Zwar ist diese Woche Venezuela ins Gerede gekommen, die Zinsen sind massiv gestiegen, ein Ausdruck für eine mögliche Pleitegefahr. Doch insgesamt sind Schuldpapiere von Schwellenländern gefragt. Gemessen am Schwellenländeranleihenindex von JPMorgan, dem EM Global Diversified Index, ist die durchschnittliche Rendite bei Anleihen in lokaler Währung zuletzt auf knapp sechs Prozent gefallen.

Fallende Zinsen bedeuten, dass die Kurse für die Anleihen dank hoher Investorennachfrage gestiegen sind, seit Jahresbeginn lag der Kursgewinn bei rund sieben Prozent. "Es gibt gute Gründe, warum die Risikoaufschläge gegenüber US-Anleihen zuletzt gesunken sind", sagt John Higgins, Schwellenländerökonom bei Capital Economics in London. Die meisten Schwellenländer hätten relativ konsequent an ihrer Bonität gearbeitet. Seit dem Schock im Mai 2013, als die US-Notenbank Fed eine massive Erhöhung der langfristigen Zinsen verursachte, hätten Emerging Markets mit Reformen reagiert. Problemfälle wie Argentinien oder Venezuela machen zudem nur einen Bruchteil des gesamten Anleihenuniversums aus.

"Der Schwellenländerabverkauf 2013 hat zu vernünftiger Wirtschaftspolitik in vielen Ländern geführt", findet auch der Anleihenstratege der britischen Großbank HSBC, Steven Major. So habe etwa Indien mit Zinserhöhungen die Währung gestützt, auch die Notenbanken in der Türkei, in Indonesien oder Brasilien haben seitdem reagiert.

Doch bei einigen Ländern rät Higgins Investoren dennoch zu Vorsicht. Die Anleihenmärkte von Ländern wie Südafrika seien nach wie vor für einen Zinsschock aus den USA anfällig. Erhöht die US-Notenbank Fed also die Zinsen, könnte es in Johannesburg wieder den Absturz von Währung und Anleihen geben, etwa aufgrund ihrer starken Abhängigkeit von kurzfristigen US-Krediten. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Ländern. Während Südafrika und Brasilien ein Leistungsbilanzdefizit von mehr als vier Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung haben, liegt die Quote in Polen und Indien nur halb so hoch, andere Länder, etwa in Asien, erwirtschaften sogar Überschüsse.

"Genau anschauen"

Früher wurden als Emerging Markets jene Länder zusammengefasst, die eine schlechte Bonität und politische Unsicherheit aufwiesen. Heute sind die Grenzen weniger klar. Auch bereits weitentwickelte Länder gelten oft als Schwellenland. Eine klassische Einteilung der Länder könne man daher kaum vornehmen, betonen Fondsmanager bei der Security KAG. "Man muss jedes Land und seine Unternehmen genau anschauen", sagt Stefan Winkler, der den "Apollo Nachhaltig Global Bond" managt.

Auch auf das Rating verlässt sich die Kapitalanlagegesellschaft nicht, denn würde man sich daran orientieren, würden viele Peripherieländer der Eurozone auch als Schwellenland gelten. Aus keinem Problemmarkt habe man sich bisher verabschiedet. "Auch wenn die Investoren Brasilien oder die Türkei wegen kurzfristiger Risiken verlassen, sind wir geblieben", sagt Winkler. Denn das Land an und für sich würde dadurch ja nicht schlechter.

Zwar sei der Abstand zwischen Emerging Markets und entwickelten Ländern laut Winkler ohnehin geringer geworden, doch Zahlungsausfälle und Schwankungen gehörten bei Emerging Markets dazu, "die haben wir bisher alle gut verkraftet", so der Fondsmanager. Und wenn die Kurse der Anleihen fallen, steige die Rendite. Solche Momente werden von Winkler genutzt, um Positionen gegebenenfalls zu erhöhen. Ein gewisses Risiko gehöre in dieser Assetklasse einfach dazu.

Bei der Security KAG sieht man gerade bei institutionellen Anlegern auf der Suche nach Rendite inmitten des Niedrigzinsumfelds ein gesteigertes Interesse, in Anleihen aus Emerging Markets zu investieren. Neben den höher verzinsten Lokalwährungsanleihen seien auch Hartwährungspapiere, die etwa in US-Dollar begeben werden, mit höheren Renditen versehen als vergleichbare Papiere von europäischen Staaten. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 12.9.2014)