Wien - Bevor Wirbeltiere ihre namensgebende Wirbelsäule entwickelten, wirkte die elastische Chorda dorsalis als Stütze des Körpers. Zwei im Meer lebende Tiergruppen, die Schädellosen und die Manteltiere, haben heute noch nur eine Chorda - zusammen mit den Wirbeltieren machen diese beiden Gruppen daher den Stamm der Chordatiere aus.

Verschwunden ist die Chorda aber auch bei den Wirbeltieren nicht ganz. Sie wird immer noch in der Embryonalentwicklung angelegt, bildet sich aber rasch zugunsten der Wirbelsäule zurück.

Die mögliche Urform

Ein Team mit österreichischer Beteiligung fand nun in Meereswürmern ein anatomisches Merkmal, das Hinweise darauf bietet, wie sich die Urform der Chorda entwickelt haben könnte. An der im Fachjournal "Science" erschienenen Studie war auch Patrick Steinmetz beteiligt, der am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) an den Forschungen mitwirkte und mittlerweile am Department für molekulare Evolution und Entwicklung der Universität Wien arbeitet.

Das untersuchte Tier ist der Borstenwurm Platynereis dumerilii, der zu den Ringelwürmen (Annelida) und nicht zu den Chordatieren zählt. Dennoch fanden sich bei ihm interessante Parallelen. Die Forscher fanden Zellen, die sich ähnlich wie Chordazellen verhalten: Paare von in Segmenten angelegten Zellen, die zur selben Linie wie jene in Chordatieren gehören, kommen in der Mittellinie zusammen, strecken sich und entwickeln sich zu einem längs verlaufenden Muskel.

Diesen Muskel tauften die Forscher "Axochord". Bei seiner Genese sind offenbar die gleichen Entwicklungsgene aktiv wie in der Chorda-Entstehung, fanden sie heraus. Aus einer Axochord-Struktur wie der dieses Wurms dürfte sich vermutlich auch bei unseren fernen Vorfahren durch eine Versteifung die Chorda dorsalis entwickelt haben, glauben die Forscher: Ein erster entscheidender Schritt auf einem evolutionären Weg, der schließlich zur Entwicklung der Wirbeltiere führte. (red/APA, derStandard.at, 10.9.2014)