"Welches Tier steckt tief in mir?" Das fragt man sich doch von Zeit zu Zeit. Schlauer Fuchs, fleißige Biene, fieses Schwein? Für jeden Typ hält eines der armen Tierchen seinen Kopf hin. Stolzer Hahn nicht zu vergessen. Und böser Wolf. Bei Sing und tanz mit Freddy, einer Karaoke-Show frühmorgens auf ORF 1, war am Donnerstag Fabeltag.

Die Sendung für junges, putzmunteres Publikum (und solches, das es um diese Uhrzeit schleunigst werden sollte) versammelt vier Freunde und einen Pianisten in einem animierten Setting. Diese Woche ging es um den Erfinderberuf, das Selberkochen, um Dinosaurier und um eine extraterrestrische Sportart: Fußball vom Mars. Was thematisch mainstreamig und politisch korrekt erscheint, ist bei näherer Betrachtung jedoch mehr und birgt Überraschungen.

Das gemeinsame Einsingen in den Tag offenbarte neben einer Löwin und einem "Tiger, der mich zum Sieger macht" auch die Eigenheiten des Otters. Otter? Das unbekannte Wesen aus den müffelnden Uferzonen heimischer Gewässer? Ja, eine Lanze für den Fischotter wurde da gebrochen, dessen Charakterzüge gar nicht so übel sind: Er ist ein Kämpfer und isst gerne Fisch, na bitte.

Auch in der Dichtkunst rangiert der Otter weit abgeschlagen hinter Goethe (Adler und Taube) oder Heinrich Heine (Der tugendhafte Hund) beim Poeten Friedrich Haug. In dessen Gedicht Der Fischotter und der Fuchs kontert Letzterer den Ersteren: „Zu deinem Glücke sind die Fische stumm; / Doch könnten sie wie Gänse schreien, / Sie würden dich im Wasserteich / Unisono vermaledeien.“ Man kann daraus nur weiter folgern: Ein stummer Fisch, das will man nicht sein. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 12.9.2014)