Vorschläge zum Ausbau der S-Bahn im Großraum Wien gibt es zuhauf. Allein an der Umsetzung hapert es. Die SPÖ ist froh, zunächst einmal den finanziellen Kraftakt U5 gestemmt zu haben.

Foto: Matthias Cremer

Wien - "Citybahntunnel Wien" heißt das vom Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) ausgearbeitete vertrauliche Papier, das dem STANDARD vorliegt. Inhalt: die Errichtung einer Strecke samt S-Bahn-Tunnel vom Franz-Josefs-Bahnhof im Norden durch die Wiener Innenstadt zu den S-Bahn-Linien im Süden. Die Streckenführung wird in drei Varianten angegeben, als mögliche Zielorte sind der Hauptbahnhof und Rennweg angeführt. Ziel: die Attraktivierung der Schnellbahn mittels einer durchgehenden Zugverbindung in Nord-Süd-Richtung.

Interessant ist, dass sich nicht die Wiener Stadtregierung auf Ergebnisse des Papiers beruft und den S-Bahn-Tunnel durch Wien fordert, sondern der niederösterreichische Verkehrslandesrat Karl Wilfing (ÖVP). Dieser nimmt für das Projekt einen Kostenrahmen von bis zu zwei Milliarden Euro an. Die Realisierung des U5/U2-Linienkreuzes in der ersten Ausbaustufe kostet die Hälfte davon.

Seit Jahren fast Stillstand

In der Wiener Stadtregierung war man vom Vorstoß überrascht: Der niederösterreichische Fokus auf Öffis sei begrüßenswert, der milliardenschwere Vorschlag aber mittelfristig nicht umsetzbar. Dabei treten neben Niederösterreichs ÖVP sowohl Wiens SPÖ als auch die Grünen für einen nötigen S-Bahn-Ausbau in der Hauptstadt ein. Umgesetzt wird aber nichts, trotz vieler Vorschläge herrscht seit Jahren fast Stillstand.

Denn auch innerhalb der rot-grünen Koalition gibt es Uneinigkeiten hinsichtlich der Prioritätensetzung beim Öffi-Ausbau in der wachsenden Stadt: Während die Roten erfolgreich den Bau der U5 ab 2018 auf Schiene brachten, existiert die grüne Forderung nach Investitionen in die S-Bahn vorerst nur auf dem Papier.

Dabei sind die Projekte - im Vergleich zum U-Bahn-Bau - kostengünstig und könnten viel schneller erledigt werden. "Vorschläge von uns gibt es seit Jahren, aber passiert ist nichts", sagt der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch.

Zustimmung aus Niederösterreich fehlt

So soll die S7 von Floridsdorf zum Flughafen im 15-Minuten-Takt statt alle 30 Minuten fahren. Eine S10 neu von Gänserndorf nach Meidling soll mit Inbetriebnahme von Personenverkehr auf bestehender Strecke auch den Umstieg für Niederösterreicher auf Öffis erleichtern. Die S45 soll entlang der Donau ausgebaut werden. Bei stadtgrenzenüberschreitenden Projekten bräuchte Wien für Verhandlungen mit der ÖBB aber auch die Zustimmung und Geld aus Niederösterreich.

Dort ist man vorerst für den S-Bahn-Tunnel in Wien. Ein Vorschlag, den Verkehrsplaner Werner Rosinak im STANDARD-Gespräch als "wirtschaftlich fragwürdig" und "bestenfalls als Impuls" bezeichnet. Zunächst gelte es auf bestehenden Linien "alles auszuschöpfen, was möglich ist", also Takte zu verdichten. "Es wird schon so lange davon geredet."

In der Stadt müssen sich SPÖ und Grüne über Investitionen einigen: etwa über die angekündigte Verkürzung der Intervalle zwischen Meidling und Liesing. (David Krutzler, DER STANDARD, 12.9.2014)