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Die zwei Konzert-Bandeonisten Yvonne Hahn und Gerhard Fischer (aus Sachsen) haben sichtlich Spaß in ihrem Job.

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Sören Buschmann (Strametz & Partner)

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DER STANDARD: Wir hören von vielen Beratern, dass die Wechselbereitschaft unter jungen Qualifizierten zunimmt. Ist das ein Trend?
Buschmann: Es ist zu einer massiven Verschiebung gekommen: "Money, glory, power“ ist für Mittdreißiger nicht mehr so sexy. Früher gab es viel mehr Karrieristen, die mehr Geld wollten – jetzt sagen diese Leute, ihr derzeitiger Job macht ihnen keinen Spaß, sie suchen eine berufliche Betätigung, bei der sie wieder Spaß haben, und sind da finanziell zu erheblichen Abstrichen bereit.

DER STANDARD: Das muss man sich leisten können ...
Buschmann: Ich rede von dem Segment ab 70.000 Euro Jahresbrutto, jenen Führungskräften, die eigentlich demnächst einmal in die erste Reihe vorrücken sollten. Tatsächlich rückt aber ein wachsender Teil weg.

DER STANDARD: Was stört sie so? Forscherin Christiane Funken hat in ihren jüngsten Arbeiten herauskristallisiert, dass träge, alte Konzernstrukturen diese eigentlich extrem leistungs- und gestaltungswilligen 35+ frustrieren ...
Buschmann: Ja, das bestätige ich aus der Praxis. Überregulierte Konzerne geben kaum mehr Spielraum, Selbstbestimmung ist kaum mehr möglich.

DER STANDARD: Diese Art Abgemüdetheit mit Strukturen ist aber kein neues Phänomen ...
Buschmann: In der Kategorie 55+ war es immer schon da. Jetzt sind aber die Jungen in diesem Zustand und fragen sich: Warum tu ich mir das noch an? Der so genannte Return on Investment wird ab 35+ als nicht stimmig empfunden.

DER STANDARD: Was genau macht denn so frustriert?
Buschmann: Oft ist es eine Mischung aus unpassender Berufswahl und Inhalten, die nicht wirklich dem eigenen Wunsch entsprechen. Die einengenden Strukturen und das Gefühl, keine Entfaltungsmöglichkeit zu haben, kommen dann dazu.

DER STANDARD: Ist das nicht ein Zeichen von Ausgebranntsein?
Buschmann: Nein, das kann ich nicht bestätigen. Der Anteil der „Verbrannten“, die nicht mehr wollen oder vielleicht sogar nicht mehr können, ist sehr klein. Das Gros will – und zwar wirklich – gestalten, wandeln und wirksam sein.

DER STANDARD: Und gibt es diese anderen Jobs, die auch Spaß machen?
Buschmann: Ja, schon. Vor allem in jüngeren Companies und Organisationen. Ich habe derzeit aber auch eine Reihe von traditionellen Unternehmen in meiner Beratungsarbeit, die sich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob sie ihr Unternehmen „richtig“ machen. Die Erkenntnis, dass es so nicht prosperierend weitergehen kann, setzt sich schon durch. Viele Unternehmen erkennen derzeit, dass sie mit einer Silo-Organisation, die eine Haltung von "cover my ass“ bei den Führungskräften hervorruft, in keine gute Zukunft kommen.

DER STANDARD: Eigentlich auch ein Thema, das sich volkswirtschaftlich niederschlagen muss, wenn der Führungsnachwuchs rauswill und gleichzeitig Unternehmen erfahrene Manager 45+ auf die Reservebänke setzen oder spätestens knapp vor 50 aus der Organisation haben wollen ...
Buschmann: Ja. Es ist ja auch so: Wenn die, die den Wandel gerne gestalten möchten, rausgehen – wer rückt denn dann in die erste Reihe? Die Systemspieler, die relativ seelenlos eine vorgegebene Aufgabe abwickeln. Es hat ja vielerorts auch schon Manager erwischt, die gesagt haben: „So können wir nicht weitermachen.“ Ich kann als gute Nachricht nur sagen: Die größeren Unternehmen kommen zu diesem Thema jetzt in die Gänge und sehen, worum es geht. (DER STANDARD, 13./14.09.2014)
Sören Buschmann ist Partner und Geschäftsführer der in Wien ansässigen Strametz & Partner, tätig im Leadership-Consulting und der gehobenen Personalberatung.