In Pavillon 15 sollen Kinder und Jugendliche misshandelt worden sein. Ein interner Prüfbericht relativiert, wird aber unter Verschluss gehalten.

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Volksanwalt Günther Kräuter will den unveröffentlichten Bericht unabhängig beleuchten.

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Wien - Als im Vorjahr schwere Vorwürfe wegen der Misshandlung behinderter Kinder im Otto-Wagner-Spital in den 1960er- bis 1980er-Jahren laut wurden, versprach der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) die Einrichtung einer Prüfkommission.

Nachdem der KAV die nun fertiggestellte Auswertung unter Verschluss hält, kündigt Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) gegenüber derStandard.at eine unabhängige Prüfung des Berichts an. Kräuter will auch mögliche Kritikpunkte an der aktuellen Betreuungssituation behinderter Kinder untersuchen.

"Übliche Behandlungs- und Betreuungsmethoden"

In Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals im Wiener Ortsteil Steinhof sollen laut ehemaligen Angestellten dutzende Kinder jahrzehntelang systematisch malträtiert, vernachlässigt und mangelhaft ernährt worden sein. Ein Pathologie-Mitarbeiter sprach von Todesfällen in kausalem Zusammenhang mit der unzulänglichen Betreuungssituation im "Haus für geistig behinderte Kinder und Jugendliche".

Die interne Kommission des Spitalsbetreibers konnte "keine Anhaltspunkte für vorsätzliche, strafrechtliche Vorgehensweisen" finden. Der Umgang mit den Minderjährigen habe den "in dieser Zeit üblichen Behandlungs- und Betreuungsmethoden" entsprochen, heißt es in einer Zusammenfassung des Prüfberichts. Unter Berufung auf schützenswerte Persönlichkeitsrechte verweigert der KAV dessen Veröffentlichung.

Keine Vorverurteilung laut Kräuter

Er begrüße die interne Untersuchung grundsätzlich, sagt Kräuter. Die Verschlusshaltung offenbare aber eine "problematische Optik. Die Volksanwaltschaft kann das so nicht stehen lassen." Eine Vorverurteilung wolle er damit nicht aussprechen, sagt Kräuter.

Seine Analyse solle einerseits zeigen, ob die Bewertung möglicher Misshandlungen durch die dreiköpfige KAV-Kommission inhaltlich gedeckt ist. Andererseits will Kräuter prüfen, ob die Geheimhaltung des Berichts tatsächlich mit dem Schutz von Persönlichkeitsrechten argumentierbar ist.

Volksanwalt: Es gibt noch Lücken zu schließen

Kräuter will seinen Fokus als Volksanwalt fortgesetzt auch auf die aktuelle Unterbringungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung legen. Es habe in diesem Bereich zuletzt Verbesserungen gegeben, sagt der Volksanwalt. Doch dass es bis zum Jahr 2014 gedauert hat, um etwa die seit Jahrzehnten umstrittenen Netzbetten in der Psychiatrie abzuschaffen, zeige, dass es auch aktuell noch Lücken zu schließen gebe.

Vor allem in Personalfragen gelte es nachzuschärfen. Es gebe ein Defizit bei Psychiatern und Betreuungspersonal, das auf den Umgang mit behinderten Kindern spezialisiert ist, sagt Kräuter. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 11.9.2014)