Die heimische Asylpolitik erinnert an einen Hund, der seinem eigenen Schwanz nachjagt: Alles dreht sich im Kreis. Immer dann, wenn, wie momentan, kriegerische Konflikte auf der Welt die Zahl von Flüchtlingen anschwellen lassen, werden die Mankos besonders augenfällig - und die politischen Auseinandersetzungen schärfer.

Natürlich kann man es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nicht verübeln, dass sie das Angebot eines offensichtlich nicht so gut gebuchten Hotels auf dem Semmering annimmt, auf einen Schlag 150 bis 200 Flüchtlinge unterzubringen. So viele Menschen, vor allem aus Syrien, stranden derzeit täglich in Österreich und müssen zumindest vorübergehend versorgt werden. Die meisten werden den geltenden Gesetzen folgend dorthin zurückgeschickt, wo sie zuerst EU-Boden betreten haben.

Ebenso wenig kann man es einer Gemeinden verübeln, dass sie gegen ein Massenquartier protestiert, das die Einwohnerzahl völlig aus dem Gleichgewicht bringt. Die Erfahrungen mit dem letztendlich am Bürgervotum gescheiterten Erstaufnahmezentrum im burgenländischen Eberau hat man im Ministerium offensichtlich schon wieder vergessen. Oder auch nicht, indem man auf dem Semmering gleich ohne Einbindung der Lokalpolitik Fakten geschaffen hat.

Interessant ist, dass die Innenministerin in der Debatte auf einmal ihre humanistische Seite hervorkehrt. Sie wirft den Kommunen und der föderalistisch gestärkten Landespolitik vor, nach dem Florianiprinzip zu agieren: Helfen ja, aber nicht in meinem Zuständigkeitsbereich.

Dieses Prinzip funktioniert nämlich auf dem internationalen Parkett auch nicht schlecht. Der jüngsten Grenzen-dicht-Idee von CSU-Chef Horst Seehofer, um Flüchtlingen den Weg zu versperren, war die Innenministerin gar nicht so abgeneigt. Und auf dringende Hilferufe Italiens bei der Bewältigung der anhaltenden Flüchtlingstragödie im Mittelmeer hin hat sich Österreich auch nicht gerade als rettende Hand hervorgetan. Die EU-Solidarität hat bei diesem Thema überhaupt generell zu lange versagt.

Österreich hat die Mittel, alle Flüchtlinge, die es ins Land schaffen, zu versorgen. Der Vorschlag des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler, der erst kurz im Amt ist, verdient Gehör: ein bundesweites Unterbringungsgesetz, das die Flüchtlingsanzahl sanft an die Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinden anpasst. Dafür müssten aber die parteipolitischen Gehirne ausgeschaltet werden. (Michael Simoner, DER STANDARD, 11.9.2014)