Mitterlehner saß da wie ein Sohn, mit dem die Mama schimpft. Er mag die ÖVP im Griff haben, aber nicht Frau Frieda.

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

Reinhold "Django" Mitterlehner war zum bestmöglichen Zeitpunkt zum Sommergespräch im ORF geladen worden. So frischgebacken als Parteichef, dass vorbereitete Beiträge zu seinem Vorgänger jetzt im Archiv ruhen. Zu einem Zeitpunkt, da man noch büschelweise Vorschusslorbeeren bekommt. Nur als ihm in einer Einspielung eine Stimme aus dem Volk attestierte, er habe seine Partei fest im Griff, musste der ÖVP-Obmann kurz nervös lächeln. Aber es lief gut.

Er brach auch mit dem Bild der "Neinsager-Partei", als er sich gesprächsbereit in Sachen Vermögenssteuer gab. Er versuchte, die Balance zwischen Verteidigung - etwa von Österreichs Familien- und Wissenschaftspolitik - und Versprechen von Erleichterungen für Arbeitnehmer gut zu halten.

Doch dann kam Frau Frieda aus Rauris. Die 75-Jährige sah schon viele Politiker kommen und gehen. Sie ist immer noch da - und grantig. Sehr grantig. Etwa, weil sie als Schwarzarbeiterin gemeldet wurde, weil sie der Tochter im Gasthof beim Kochen half. Überhaupt zahle man zu viel Steuern! Sie wurde nicht nur in Rauris gefilmt, sie war auch im Studio. Bei keinem Gast machte das mehr Sinn, denn Frau Frieda hatte offenbar lange gewartet, um einem Politiker die Meinung zu sagen.

Mitterlehner saß da wie ein Sohn, mit dem die Mama schimpft. Er mag die ÖVP im Griff haben, aber nicht Frau Frieda. "Nix!" fuhr sie ihm ins Wort, als er etwas entgegnen wollte. Auch als Peter Resetarits beherzt einschritt, redete die Dame einfach weiter. Man hörte sie noch schimpfen, als die Kamera längst wieder weggeschwenkt war. Das ist auch die Stimme des Volkes. Sie wird nicht so schnell verstummen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 11.9.2014)