Gern wirbt das Bundesheer damit, "Schutz & Hilfe" zu bieten, doch all das könnte es jetzt selbst gut gebrauchen - angesichts des Zynismus, den die ÖVP zum Besten gibt. Denn zur tristen Lage, in der das Militär steckt, und in der sogar seine Katastropheneinsätze zur Disposition stehen, haben jahrzehntelang schwarze Obmänner, schwarze Verteidigungsminister, schwarze Finanzminister und schwarze Landeshauptleute beigetragen.

Noch in den Neunzigern, als der Kalte Krieg längst ausgestanden war, hat Werner Fasslabend unnötiges Gerät wie Raketenjagdpanzer oder Panzerhaubitzen angeschafft. Um die Jahrtausendwende legte sich die Regierung von Wolfgang Schüssel auf den von Nato-Staaten konzipierten Eurofighter zur Luftraumüberwachung fest, sodass heute ein milliardenschwerer Kampfjet, wenn auch von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) kastriert, den Himmel über unserer neutralen Republik bewacht. Neben all diesen fragwürdigen Beschaffungen hat die Finanzministerpartei den Etat für das Heer auf jenen von Zwergstaaten wie Malta oder Luxemburg zusammengeschrumpft.

Das alles wäre für Pazifisten noch mit Schulterzucken hinzunehmen, wenn nicht in all der Zeit die mehrheitlich von der ÖVP gestellten Landeshauptleute auf neun Militärkommanden, neun Militärmusikkapellen und - wie böse Zungen behaupten - sogar neun Blackhawks bestanden hätten, damit ja ihre volksnahen Auftritte gesichert bleiben. Dazu haben Experten wie Wifo-Chef Karl Aiginger schon bei der Regierungsklausur anno 2010 in Loipersdorf darauf gedrängt, die organisatorisch aufgeblähten Heeresspitäler zu schließen - weil sich in Friedenszeiten intern ohnehin kaum Unfälle abspielen. Doch mit all dem mitbetriebenen Verwaltungswust wollen nach Michael Spindelegger nun auch Mitterlehner, Schelling & Co nichts zu tun haben.

Stattdessen geißelt der neue Chef die Alarmrufe aus dem Bundesheer als "taktisches Instrument", der Finanzminister verweist auf die letzte Eurofighter-Rate, die sein Ressort für heuer extra noch draufgelegt habe, und der Wehrsprecher qualifiziert das mickrige Monatsgeld für Rekruten als "zumutbar". Die Volksbefragung über die Wehrpflicht hat die ÖVP einst mit Schockszenarien (bei Kriseneinsätzen würden Rekruten und Zivildiener fehlen) für sich entschieden - und damit ein schlankeres Berufsheer verhindert. Ihr nunmehr dreistes Delegieren jeglicher Verantwortung ist daher ein Katastrophenfall für sich. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 11.9.2014)