Wien - In den Bilanzen der größten europäischen Banken klafft ein Loch in der Höhe von 750 Milliarden Euro, geht es nach einer neuen Studie von zwei Ökonomen. Laut aktueller Gesetzeslage müssen Banken kein Eigenkapital für Staatsanleihen hinterlegen. Eine "verdeckte Subvention", urteilen die Studienautoren Sascha Steffen (ESMT Berlin) und Josef Korte (Uni Frankfurt).
Die beiden haben ein Ausfallsrisiko für unterschiedliche Staatsanleihen berechnet und daraus das dafür theoretisch notwendige Eigenkapital kalkuliert. Die Subvention für die 54 größten Banken hat sich seit 2011 fast verdoppelt. Das Ausfallsrisiko sei durch die Krise nämlich deutlich gestiegen. Banken hätten heute außerdem wesentlich mehr Staatsanleihen in ihren Büchern.
Stresstests stehen an
Die Studie birgt vor allem deshalb Brisanz, weil im Oktober die Ergebnisse des Stresstests für die größten europäischen Banken veröffentlicht werden. Dabei prüft die Europäische Zentralbank (EZB), ob Kreditinstitute für einen erneuten Konjunkturabschwung gewappnet sind. Auch Wertverluste von Staatsanleihen sollen durchgespielt werden. Dem Pleiterisiko von Staaten sei dadurch Rechnung getragen, auch wenn kein Eigenkapital vorzuhalten sei, sagt ein EZB-Sprecher.
Daniele Nouy, die neue Chefin der nun bei der EZB angesiedelten Bankenaufsicht, hat sich unlängst dafür ausgesprochen, dass Banken auch für Staatsanleihen Kapital hinterlegen sollten. Geht es nach Hans-Peter Burghof von der Uni Hohenheim, dann wäre das eine Chance. "So könnte die EZB zeigen, dass sie politisch unabhängig ist", sagt er im Gespräch mit dem Standard. Er hält die Notenbank zunehmend für eine stark politisierte Behörde.
Nachteil für Unternehmen
Auch Philipp Eckhardt vom Centrum für Europäische Politik (CEP) wünscht sich eine Änderung. "Man hat in der Krise gesehen, dass Staatsanleihen nicht risikofrei sind", sagt der Ökonom. Banken würden durch die aktuelle Gesetzeslage zu viel Geld an Staaten verleihen, zu wenig an Unternehmen. Er sieht einen politischen Widerspruch. "Mit der Bankenunion will man den Banken-Staaten-Nexus aufbrechen. Das ist nicht glaubwürdig, wenn man nicht an diese Regelung rangeht." Der CEP-Ökonom plädiert aber für eine schrittweise Änderung. Banken müssten sonst zu viel Geld auf einmal aufbringen.
Stefan Bruckbauer, Chefökonom bei der heimischen Bank Austria, sieht das anders. Müssten Banken Geld für Staatsanleihen hinterlegen, wäre das eine Umverteilung von den Steuerzahlern zu den Eigentümern der Bank. Finanzinstitute würden zudem auch ohne gesetzliche Vorschriften kein Geld an Staaten verleihen, ohne das Risiko zu beachten. Dafür gebe es interne Regeln. (Andreas Sator, DER STANDARD, 11.9.2014)