Mailand - Italiens Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird aufgrund der Umstellung der EU-Regeln korrigiert. Erstmals hat das Statistische Amt Istat konkrete Zahlen vorgelegt: Vorerst zwar nur für 2011, als das BIP um 57 Milliarden Euro auf 1638,9 aufgewertet wurde und damit das Wachstum gegenüber dem Vorjahr 3,7 Prozent betrug. Die Aufwertung im Detail: 20,6 Mrd. Euro stammten aus Ausgaben für Forschung und Entwicklung, 10,5 Mrd. Euro steuert der Drogenhandel bei und weitere 9,3 Mrd. Euro sind Rüstungsausgaben.

Besonders skurril: Die in Italien nicht legalisierte Prostitution trägt 3,5 Mrd. Euro zum Haushalt bei, und der Zigarettenschmuggel 300 Mio. Euro. Die Schattenwirtschaft wurde bereits in den vergangenen Jahren bei der Berechnung des BIP mit 12,4 Prozent des Gesamtwertes berücksichtigt. Laut OECD macht diese jedoch 27 Prozent aus und nach Angaben des Sozialforschungsinstitutes Censis sogar bis zu 35 Prozent des BIP.

Am 22. September präsentiert Istat die Aufwertung der BIP-Daten für 2009 bis 2013. Die Gesamtverschuldung von aktuell 135 Prozent des BIP offeriert Banca d'Italia zum Monatsende. Anfang Oktober will Italien den dreijährigen Finanzplan (DEF) mit dem Haushaltsgesetz 2015 erlassen. Istat erwartet, dass sich die Neuberechnung des BIP positiv auf das Verhältnis zu den Gesamtschulden "im Ausmaß von mehreren Punkten" auswirken werde.

Inzwischen hat das Institut auch Schätzungen für 2014 veröffentlicht. Für 2013/14 wird eine ähnliche Entwicklung wie 2011 erwartet, als das Verhältnis Neuverschuldung zum BIP um 0,2 Prozentpunkte gesunken ist. Die Experten erwarten eine Verringerung von 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte der Neuverschuldung zum BIP 2013/14. So wird es Italien wohl gelingen, die Drei-Prozent-Defizitgrenze einzuhalten.

Besserung ist aber nicht in Sicht: Regierungschef Matteo Renzi hat wissen lassen, dass sich das Land in Stagnation befinde. Statt 0,8 Prozent Wachstum erwartet die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums 2014 ein Nullwachstum - für Renzi ein Tiefschlag. Denn bei Regierungsantritt vor sechs Monaten wollte er die Konjunktur mit Steuersenkungen und gezielten Wachstumsmaßnahmen ankurbeln. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, 11.9.2014)