Sieht wie ein durchschnittlicher Kugelsternhaufen aus, ist aber aufgrund seiner "Herkunft" etwas Besonderes: Messier 54.

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Heidelberg - Unter den vielen kosmischen Rätseln, die Astronomen beschäftigen, trägt eines die Bezeichnung "Primordiales Lithiumproblem". Es läuft kurz zusammengefasst darauf hinaus, dass die alten Sterne im Universum nicht so viel Lithium enthalten, wie sie es gemäß der Theorie zur Bildung der ersten Atomkerne kurz nach dem Urknall tun sollten.

Alte Sterne lassen sich bevorzugt in Kugelsternhaufen finden, von denen etwa 150 bekannte die Milchstraße umkreisen - und lauter Sterne mit zu wenig Lithium enthalten. Auf einen solchen Sternhaufen, Messier 54 im Sternbild des Schützen, hat die Europäische Südsternwarte das VLT Survey Telescope am chilenischen Paranal-Observatorium gerichtet, wie das Max-Planck-Institut für Astronomie berichtet.

Kosmisches Findelkind

Im 18. Jahrhundert entdeckt, hat der Kugelsternhaufen erst vor 20 Jahren preisgegeben, dass er etwas Besonderes ist: 1994 fanden Astronomen nämlich heraus, dass M 54 gar nicht zur Milchstraße gehört, sondern zur erst damals entdeckten elliptischen Sagittarius-Zwerggalaxie. Diese ist mit einer Entfernung von 70.000 bis 90.000 Lichtjahren eine der nächsten Nachbarinnen der Milchstraße (deutlich näher als die Magellanschen Wolken) und enthält etwa eine Milliarde Sterne.

Sowohl die Zwerggalaxie selbst als auch "ihr" Kugelsternhaufen M 54 enthalten vorwiegend alte Sterne: Eine gute Gelegenheit somit, um festzustellen, ob der rätselhafte Lithiummangel ein Charakteristikum der alten Milchstraßensterne ist oder ob er auch anderswo vorkommt.

Keine Besonderheit der Milchstraße

Und das tut er offensichtlich. Astronomen um Alessio Mucciarelli von der Universität Bologna gelang es mit dem VLT, den Lithiumgehalt in einer Auswahl von Sternen in M 54 zu messen. Sie stellten fest, dass die Mengen ähnlich zu denen in der Milchstraße sind. Die Sterne enthalten nur etwa ein Drittel dessen, was der Theorie zufolge an Lithium während des Urknalls - zusammen mit Wasserstoff und Helium - produziert worden sein sollte.

Was auch immer das Lithium beseitigt oder zerstört hat, ist also kein Phänomen, das sich auf die Milchstraße beschränkt. Das Primordiale Lithiumproblem bleibt weiter ungelöst - es hat nun aber auch offiziell eine neue, höhere Ebene erklommen. (red, derStandard.at, 13. 9. 2014)