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Verteidigungsminister Gerald Klug: "Für Extremsituationen, wie Hochwasser oder große Schneemengen gibt es Vorzeichen, die wir genau beobachten. Wenn das absehbar ist, treffen wir sofort die nötigen Vorbereitungen, um in gewohnter Qualität helfen zu können."

Foto: APA/Hochmuth

Wien – Bis auf das letzte Hemd muss das Bundesheer sparen. Seit den Soldaten bei großer Hitze das An- und Abtreten in kurzen Ärmeln erlaubt ist, werden ihre alten Kleidungsstücke umgenäht – und die dabei abfallenden Stoffreste anderswo angeflickt: nämlich als Klappen an den Schultern, wo alle Militärs ihre jeweiligen Rangabzeichen anzubringen pflegen.

Doch das sind bloß Äußerlichkeiten. Längst beeinträchtigt der Spardruck die Kernaufgaben, glaubt man all den Kommandanten, die derzeit serienweise über die Zustände beim Bundesheer auspacken: An die Luftraumüberwachung im Inland geht es mittlerweile genauso wie an das Engagement im Ausland. Damit nicht genug, wankt auch die Einsatzfähigkeit just bei jenen Assistenzleistungen, für die das Bundesheer beim Wahlvolk bisher besonders gut angeschrieben war – bei der Katastrophenhilfe, sobald örtliche Feuerwehren mit ihren Gerätschaften umsonst gegen Hochwasser sowie Muren- und Lawinenabgänge ankämpfen oder wenn ihre Mannschaften mit den Kräften am Ende sind. Dann rücken nicht nur Berufssoldaten, sondern auch Rekruten aus, deren Wehrpflicht vor gut eineinhalb Jahren per Votum mit knapp 60 Prozent in Stein gemeißelt wurde.

Während die Finanzministerpartei ÖVP rund um den neuen Obmann Reinhold Mitterlehner die Klagen über das knappe Budget als "taktisches Instrument" abtut und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) das Vorlegen seiner geplanten Reformen nahelegt, warten die Kader mit brisanten Zahlen auf. Ihre Bilanz im Detail:

  • Luftstreitkräfte Sowohl die Eurofighter, die den heimischen Himmel sichern, als auch die Black-Hawk-Hubschrauber, die bei Katastrophenfällen eingesetzt werden, müssen seit dem Frühjahr mit bis zu einem Viertel weniger Treibstoff auskommen – was freilich auch ihre Einsatzfähigkeit reduziert. Dazu steht für die Hubschrauber in den nächsten Jahren eine Generalüberholung an, die bis zu 80 Millionen Euro verschlingt.
  • Militärfahrzeuge Altersschwache Pinzgauer, Puch G & Co. dürfen nicht mehr repariert werden, wenn die Reparaturkosten die Höhe von 2.000 Euro überschreiten würden. Diesel für Fahrzeuge, die bei Katastrophen mitunter zig Mann herankarren, wurde um 20 Prozent gekürzt. Im Ernstfall darf das Bundesheer jedoch keine Transporter anmieten. Besonders besorgniserregend: Die Einsatzfähigkeit der Melker Pioniere, oft im Hochwassereinsatz, rutschte unter 50 Prozent, weil Geld für die Instandsetzung der Tiefladesysteme fehlt.
  • Übungen Nicht zuletzt wegen der Absage für internationale Übungen wie "Dach", bei denen Deutschland, die Schweiz und Österreich stets gemeinsam für den Ernstfall probten, ist auch der Beitrag der Republik zum Krisenmanagement in Europa gefährdet. Im Gegensatz dazu erhöhen etwa das neutrale Schweden und das bündnisfreie Finnland gerade ihre Anstrengungen für die gemeinsame Sicherheit in der Union.
  • Wehrdienstreform Zu alledem steht auch noch die Reform des Präsenzdienstes an, zu dem jährlich mehr als 22.000 Burschen für sechs Monate eingezogen werden.

Verteidigungsminister Klug versichert dem STANDARD: "Für Einsätze im Katastrophenfall haben wir nach wie vor ausreichend Kapazitäten." Denn: "Für Extremsituationen, wie Hochwasser oder große Schneemengen gibt es Vorzeichen, die wir genau beobachten. Wenn das absehbar ist, treffen wir sofort die nötigen Vorbereitungen, um in gewohnter Qualität helfen zu können."

Zur Reform, an der er gerade "unter Hochdruck" arbeite, hält der Minister fest: "Mit dem zur Verfügung stehenden Budget ist die Armee in der derzeitigen Größe nicht mehr finanzierbar. Wir müssen daher eine Struktur auf die Beine stellen, die den neuen budgetären Rahmenbedingungen Rechnung trägt."

Tiefgreifende Reformen tun tatsächlich not: Nicht zuletzt wegen der Landeshauptleute gibt es bis heute neun Militärkommanden mit 4.500 Bediensteten, dazu leistet sich quasi jedes Bundesland eine Militärmusikkapelle. Und bereits 2012 hat der Rechnungshof auch kritisiert, dass das Ressort über einen Personalstand von knapp 24.000 Mann verfügt – allerdings sind davon nur rund 10.000 bei der Truppe anzutreffen, denn fast 14.000 Personen sind in der Grundorganisation beschäftigt. (Nina Weißensteiner, derStandard.at, 10.9.2014)