Mit Marshawn Lynch bei D-Line und Linebacker vorbeitänzeln, als Calvin Johnson die Secondary überlaufen und mit Peyton Manning den Touchdown erzielen - auch in diesem Jahr lädt Electronic Arts zum virtuellen American Football. Der Spielehersteller konnte bereits zum Launch der neuen Konsolen PS4 und Xbox One ein neues "Madden" anbieten. Die Unterschiede zur PS3- und XBox 360-Version hielten sich bis auf kleinere Performance- und Grafik-Verbesserungen damals in Grenzen. Mit "Madden NFL 15" ist EA nun aber doch ein spielerischer Touchdown gelungen, der erstmals virtuelles American Football mit "Next-Gen-Gefühl" mit sich bringt.
Einstieg leicht gemacht
Bevor die üblichen Modi wie "Connected Franchise" oder eine Online-Partie gestartet werden können, ist die Möglichkeit gegeben American Football von Grund auf kennen und spielen zu lernen. Von den Passing-, Running-, Kicking- und diversen Formationsübungen können sowohl Football- und Madden-Kenner, als auch absolute Neulinge profitieren. Während man bei den Vorgängerversionen aufs virtuelle Feld gestellt und seinem Schicksal überlassen wurde, wird man nun vor der ersten Partie mit ausreichend Grundwissen ausgestattet. Die als "Skill Trainer" getaufte Funktion lässt sich auch später nutzen, um das Football-Wissen auszubauen und das eigene Spiel zu verbessern.
Never change a running system
Nachdem der Grundkurs gemeistert oder übersprungen wurde, können die üblichen Spielmodi wie eine schnelle (Online-)Partie, der Karriere-Modus oder Ultimate Team gestartet werden. Neue Modi wurden nicht implementiert. Beim Erstellen von Trainer oder Spieler kann auch bei der neuesten "Madden"-Version nicht auf EAs "Game Face"-Funktion zurückgegriffen werden. Es ist also weiterhin sehr viel Fantasie nötig, um sich selbst am virtuellen Feld zu erkennen. An der Performance wurde ebenso geschraubt, die Ladezeiten sind deutlich kürzer ausgefallen, als bei der Vorgängerversion.
Überarbeitetes Layout & verbesserte KI
Die größten Änderungen gibt es beim Gameplay. Dies fängt bereits damit an, dass das Spielzüge-Layout gründlich überarbeitet wurde. Ferner wurden mithilfe der Community Spielzüge ausgearbeitet, die besser an die jeweilige Situation während der Partie angepasst wurden. Dadurch passiert es beispielsweise nicht mehr, dass bei einem Third Down und 25 ein Laufspielzug vorgeschlagen wird, sondern eben einer, der mit höherer Wahrscheinlichkeit das First Down bringt. Diese Überarbeitung schlägt sich auch bei der deutlich verbesserten KI nieder. Das führt dazu, dass im Spiel wesentlich mehr variiert wird und sich der KI-Gegner auf gegnerische und eigene Stärken und Schwächen fokussiert. Während einer Saison hat man es also mit Teams zu tun, die wesentlich mehr laufen lassen beziehungsweise mit solchen, die sich auf Quarterback und Receiver verlassen.
Deutlich verbesserter Defense-Modus
Das Credo "Offense wins games, defense wins championships" hat man sich ebenfalls zu Herzen genommen. So lassen sich die Defense-Spieler erstmals mit einer neuen Kamera-Ansicht steuern, die den Verteidigungsmodus ordentlich aufwertet. Schnell lernt man als Cornerback oder Safety bei einer Zone- oder Man-Coverage richtig zu stehen oder als Linesman den richtigen Start hinzulegen, um Quarter- oder Runningback zu stoppen. Hier wurde Wert auf Realismus gelegt, auch bei noch so guter Handhabung und angepassten Schwierigkeitsgrad endet nicht jeder Drive mit einer Interception oder etlichen Sacks. War die gegnerische Defense übrigens dann doch einmal zu stark, kann das Eierlaberl immer noch gekickt oder gepuntet werden, auch hier gibt es eine verbesserte Anzeige.
Einige Verbesserungen für realistisches Erlebnis
Besagter Realismus zieht sich auch durchs restliche Spiel. So wurde an der Spielpräsentation gefeilt, die Footballer zeigen deutlich mehr und realistische Emotionen und auch das Publikum lässt sich vom Geschehen am Platz viel mehr hinreißen. Auch bei der Grafik hat sich gegenüber der Vorgängerversion einiges getan, die Spieler und Bewegungen wirken realitätstreuer. "Menschliche Verknotungen", die man von den Vorgängerversionen nach fast jedem Hit kannte, sind bei der diesjährigen Ausgabe immer noch, aber deutlich seltener zu sehen. Zusammen mit der verbesserten KI führt dies schlussendlich dazu, dass jede Partie unterschiedlich abläuft und die Langzeitmotivation gesteigert wird.
Xbox 360 und PS3-Version enttäuschen
Der größte Kritikpunkt an EAs American-Football-Game ist, dass besagte Verbesserungen allesamt der neuen Konsolen-Generation zugute kommen und sich bei der Ausgabe für PS3 und Xbox 360 nur sehr wenig getan hat. In Foren häufen sich die Beschwerden, dass sich "Madden 25" (die Jubiläumsausgabe vom Vorjahr) und "Madden 15" fast gleichen. Die neue Defense-Ansicht, das verbesserte Layout und die realistischere Präsentation sucht man bei den Versionen vergeblich. Über die Gründe, wieso EA eine kaum veränderte Ausgabe eines Spiels im neuen Gewand verkauft und sich nicht stattdessen vermehrt auf die neue Konsolen-Generation konzentriert, kann nur gerätselt werden.
Fazit
Zumindest auf den neuen Konsolen kann behauptet werden, dass es das bisher beste "Madden" der Reihe ist. Besonders die neue Defense-Ansicht, die verbesserte Spielepräsentation und das überarbeitete Layout überzeugen - die Weiterentwicklung in Puncto Realismus rundet das Spielerlebnis zusätzlich ab. Madden-Veteranen dürften mit dem Spiel gleichermaßen Freude haben wie absolute American Football-Neulinge, die den Sport jetzt von der Pike auf erlernen können. (Daniel Koller, derStandard.at, 15.09.2014)