Es klingt schon einigermaßen paradox. Die Europäische Union verhängt Sanktionen über Russland. Die von ihr gesetzten Schritte und die Gegenmaßnahmen Moskaus schädigen die europäische Wirtschaft. Und die EU-Staaten reiten aus, um betroffenen Unternehmen zur Seite zu springen. Österreich wird dazu heute, Mittwoch, die erste Übung abhalten. Man darf davon ausgehen, dass das Verständnis für die betroffenen Betriebe groß sein wird. Und wer lässt sich nicht gern als Schutzpatron von Unternehmen und Beschäftigten feiern.

Da wird schon mit recht großen Geschützen aufgefahren: Arbeitsstiftungen, Kurzarbeit und dergleichen gelten als nützliche Modelle, um wirtschaftliche Einbußen abzufangen. Es wird nicht gesagt, dass es dazu keines Gipfels und keiner großen Reden bedarf: Die Instrumente stehen zur Verfügung und sollten im Bedarfsfall einfach benutzt werden. Alarmismus schadet aber auch der Sache selbst. Wenn nun potenzielle Negativfolgen der Sanktionen im Promillebereich zur Bedrohung der Nation hochstilisiert werden, spielt das in erster Linie Wladimir Putin in die Hände. Immerhin, so der immer lauter werdende Tenor, war es ja die EU, die das Sanktionskarussell in Bewegung gesetzt habe. Die Abspaltung der Krim und die Rolle Moskaus rücken zunehmend in Vergessenheit. Russlands Regie bei der Spaltung der Ukraine wird ausgeblendet.

Österreich spielt in dem Konflikt ein doppeltes Spiel. Wien müsse die Beziehung zu Putin überdenken, tönte der Bundespräsident, freilich erst nach Unterzeichnung von South Stream. In Brüssel bremst die Regierung aus Sorge um die Banken regelmäßig bei Sanktionen. Dass man vor weiteren Embargos abwartet, ob die Waffenruhe hält, ist sinnvoll; doch beim nächsten Querschuss Moskaus muss die EU Härte zeigen, auch wenn das Kosten verursacht. Stabilität in Europa gibt es nicht zum Nulltarif. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 10.9.2014)