Attila Dogudan über die türkische Küche.

Foto: Do & Co

STANDARD: Döner Kebab im Pide mit Joghurt und scharf ist eine Erfindung aus Deutschland - wenn auch von türkischen Emigranten. Heute gilt das international als Inbegriff türkischen Essens. Tut einem das als Türke nicht weh?

Dogudan: Nein. Döner blickt in der Türkei auf eine Tradition von 150 Jahren zurück, auch wenn es klassisch nicht im Pide oder Dürüm angeboten wird. Aber der senkrechte Grillspieß, bei dem von oben das Fett langsam runtertrieft, um das Fleisch knusprig und saftig zu machen - der ist in der Türkei extrem weit verbreitet. Aber auch dort gibt es nur wenige gute Döner-Lokale. In Istanbul ist eines wirklich berühmt, das Familienunternehmen Beyti, da gehen sie unheimlich gut mit Fleisch um. Dort wird Döner auf Reis mit Korinthen und Gewürzen serviert, dazu ein Melanzanipüree, gegrillte Tomate und Pfefferoni - der Inbegriff eines klassischen Döners. Alles andere sind mehr oder weniger gültige Ableitungen. Döner Kebab, wie er auf den Ständen verkauft wird, ist eben die Fastfood-Variante.

STANDARD: Kann das auch etwas Gutes sein?

Dogudan: Absolut. Wenn Döner frisch gemacht wird, wenn das Pide frisch aus dem Holzofen kommt und die Zutaten von ordentlicher Qualität sind, dann kann das sehr viel. Wobei, das Fleisch sollte für mich immer eine Mischung aus Kalb und Lamm sein, mit der Betonung auf Lamm: Es darf keinesfalls böckeln, wie man das leider zu oft erlebt.

STANDARD: Gibt es solchen Döner in Wien?

Dogudan: (lacht) Da fragen Sie leider den Falschen, weil ich kaum je in Wien bin. Ich bin fünf Tage die Woche im Flieger, da weiß ich so etwas nicht mehr. In Istanbul hingegen kenne ich mich in dieser Sache noch ganz gut aus.

STANDARD: Kenner reihen die türkische Küche auf eine Stufe mit den ganz großen des Orients. Warum kommt davon in den türkischen Lokalen bei uns so wenig an?

Dogudan: Das wird noch ein bissl dauern. Selbst in Istanbul gibt es erst seit zehn Jahren Restaurants, die sich dieses grandiosen, einstweilen aber noch sehr unterbewerteten Erbes besinnen. Die türkischen Emigranten in Österreich hatten nie den Anspruch, die türkische Küche bekanntzumachen, die haben einfach für sich gekocht, was ihnen schmeckt.

STANDARD: Inzwischen leben viele Türken in dritter Generation bei uns - im Vergleich zu Exjugoslawen, aber auch Chinesen oder Vietnamesen, beeinflussen sie die Gastroszene aber wenig. Ist das ein Ausdruck von Integrationsresistenz?

Dogudan: Gute Frage, so hab ich das noch nicht gesehen. Aber es kann schon sein, dass das matte Angebot ein Hinweis für überschaubaren Integrationswillen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sehen darf. Wobei: Ein paar ganz ordentliche Restaurants gibt es doch.

STANDARD: Die Keimzelle des Do & Co war die Kervansaray in der Mahlerstraße, ein Restaurant, das nicht zuletzt für seine türkische Küche berühmt war. Warum hat es seit ewigen Zeiten zu?

Dogudan: Das wird es wieder geben. Wir werden die Kervansaray Ende nächsten Jahres am gleichen Platz wieder aufmachen, die zeitgenössische Interpretation der türkischen Küche wird darin eine wesentliche Rolle spielen. Das ganze Haus wird gerade zu einem kulinarischen Zentrum mit einer Do-&-Co-Universität für gastronomische Berufe ausgebaut.

STANDARD: Was für eine Universität?

Dogudan: Wir sind in den vergangenen 25 Jahren so gewachsen, dass wir personalmäßig an die Decke stoßen. Jetzt werden wir unsere Arbeitskräfte eben selbst ausbilden, um den Standard an Expertise zu gewährleisten, den wir weltweit brauchen. Das wird ein langer Weg, aber den gehen wir jetzt.

STANDARD: Und ein richtig geiles Döner-Standl - wird es das geben?

Dogudan: (lacht) Ist nicht geplant. Aber Sie bringen mich auf Ideen! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 12.9.2014)

>> Zum Thema: Drahdilaberl - Macht uns den Döner nicht schlecht