Es soll ein Börsengang der Superlative sein.

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Alibaba-Gründer Jack Ma startete mit 17 Mitarbeitern, heute sind es 25.000.

Foto: Reuters/Carlos Barria

Es wird ein Börsengang noch nie da gewesenen Ausmaßes. Wenn Alibaba am 19. September zum Sprung an die New Yorker Börse ansetzt, will der weltgrößte E-Commerce-Händler mit einem Schlag 21,1 Milliarden Dollar (16,3 Mrd. Euro) aus dem Boden stampfen. Das nämlich ist die Summe, die die Chinesen über Investoren einsammeln wollen.

Es könnte sogar noch dicker kommen: Durch eingeräumte Zusatzrechte von Investmentbanken könnten es bis zu 24,3 Milliarden werden, wie aus dem von der US-Börsenaufsicht SEC veröffentlichen Börsenprospekt hervorgeht. Damit wird Alibaba selbst Facebook in den Schatten stellen – der Internetkonzern von Mark Zuckerberg schaffte es bei seinem Börsendebüt auf vergleichsweise "magere" 16 Milliarden.

300 Millionen Kunden

Schon längst ist Alibaba ein Gigant und mehr wert als Ebay und Amazon zusammen. Das Unternehmen von Jack Ma - dem reichsten Chinesen - bewertet sich mit bis zu 163 Milliarden Dollar. Auf den großen Plattformen des Konzerns - Taobao, Tmall und Juhuasuan - wurden im vergangenen Jahr Geschäfte von über 248 Milliarden Dollar abgewickelt.

Alibaba zählt nach eigenen Angaben 300 Millionen Kunden, verkauft so gut wie alles und jeden und beschäftigt 25.000 Menschen. In Europa und in den USA gilt Alibaba als Exot, ist vielen nahezu unbekannt. Doch der für seine Shoppingleidenschaft bekannte 49-jährige Ma treibt die Expansion in rasantem Tempo voran. So erwarb er in jüngster Zeit neben einem Fußballklub (der Erfolg von Chinas Fußballmeister Evergrande fand jedoch bald darauf ein jähes Ende) auch eine Filmproduktion und eine Spiele-App.

Firmenverflechtungen und Intransparenz

Der ehemalige Englischlehrer und bei der Jobsuche vorerst erfolglose Jack Ma gründet Alibaba 1999 mit 17 Mitstreitern in seiner Wohnung. Heute noch befindet sich die Zentrale dort. In China ist Alibaba.com die erste Internet-Handelsplattform und bereits drei Jahre nach der Gründung profitabel. 2005 steigt Yahoo ein und zahlt eine Milliarde Dollar für einen 40-Prozent-Anteil.

"Krokodil im Jangtse"

Wenig später übernimmt Alibaba Yahoo China und ist quasi über Nacht nun in fast allen lukrativen Internetbereichen stark. 2007 geht Alibaba in Hongkong an die Börse und nimmt 1,5 Milliarden Dollar ein. Viel Anerkennung gewinnt Ma außerdem, als er den Konkurrenten Ebay in China abwehrt. "Ebay mag ein Hai im Ozean sein, aber ich bin das Krokodil im Jangtse-Strom. Wenn wir im Ozean zum Kampf antreten, werden wir verlieren - aber wenn wir im Fluss kämpfen, werden wir gewinnen", so Ma zu seiner Strategie.

2012 gibt der Konzern sein Listing an der Börse wieder auf, um die Weichen für den Gang seines gesamten Konglomerats an die New Yorker Börse zu stellen. Gleichzeitig verringert Yahoo seinen Anteil an Alibaba, dieser wird nach einer nochmaligen Reduktion mit dem nunmehrigen IPO bei nur mehr 16,3 Prozent liegen.

Starkes Wachstum

Und auch die japanische Investmentgesellschaft Softbank, der größte Alibaba-Anteilseigner, wird ihre Beteiligung für den Börsengang von 34,1 auf 32,4 Prozent abbauen. Jack Mas Anteil sinkt von 8,8 auf 7,8 Prozent. 2013 übergibt Ma das Zepter offiziell als Konzernchef an Jonathan Lu, der zweifache Familienvater Ma begleitet sein Unternehmen nur noch als Verwaltungsratschef. Ganz glauben mag man ihm das allerdings nicht - im Hintergrund soll er immer noch die Fäden ziehen, soll heißen, keine wichtige Entscheidung kommt an ihm vorbei.

Heute beginnt die Roadshow. Zunächst sollen 320 Millionen Aktien in einer Preisspanne zwischen 60 und 66 Dollar angeboten werden. Doch so sehr auch die Werbetrommel gerührt wird, so riskant könnte sich das Papier für die Anleger erweisen. Zum einen ist da das exorbitante Wachstum – Experten halten Zuwachsraten von 30 Prozent im nächsten Jahr für möglich. Gerade das rasante Expansionstempo kann bei den umworbenen Anlegern die Frage aufwerfen, ob Alibaba den Überblick zu verlieren droht.

Keine Absicherung

So gab es bereits Unregelmäßigkeiten bei der Rechnungslegung der Filmproduktionstochter Alibaba Pictures. Auch die SEC wurde hellhörig und hatte im Vorfeld Bedenken: Etliche Beteiligungsverzweigungen und diskrete Eigentumsverhältnisse seien für Außenstehende nur schwer zu durchblicken. Alibaba musste seinen Börsenprospekt schließlich dreimal ändern.

Zudem werden die Geschäfte von Alibaba zu rund 80 Prozent von privat zu privat in der Volksrepublik abgewickelt. Sollte sich das Wirtschaftswachstum Chinas in Zukunft deutlich abkühlen, hätte das naturgemäß Auswirkungen auf den Konsum. Nicht zuletzt können die Aktien (Börsekürzel BABA) nur über eine Finanzholding auf den Cayman-Inseln erworben werden.

Dieser fließen nur die Gewinne von Alibaba zu. Der Hintergrund: Man will damit chinesisches Recht umgehen, wonach Ausländer keine Aktivposten eines chinesichen Unternehmens besitzen dürfen. Der Anleger hat somit keine Absicherung. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 8.9.2014)