Bild nicht mehr verfügbar.

Dass der Eurokurs fällt, könnte sich für Europa noch als durchaus positiv herausstellen. Langfristig könnte sich dadurch die Exportwirtschaft erholen und zum dringend benötigten Wachstum in der Eurozone beitragen.

Foto: reuters/bimmer

Wien - Mit den am Donnerstag angekündigten Wertpapierankäufen hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Euro auf Talfahrt geschickt: Bekam man im Mai für einen Euro noch 1,39 Dollar, so fiel der Kurs Ende der Woche unter die Marke von 1,30. Für Exportbetriebe, die nach Übersee liefern, ist eine solche Änderung nicht unerheblich. Eine österreichische Maschine im Wert von 10.000 Euro hat einen US-amerikanischen Einkäufer vor vier Monaten noch 13.900 Dollar gekostet, jetzt nur mehr 13.000.

Was Exporteure wettbewerbsfähiger macht, freut Auslandsreisende und Konsumenten von Importwaren weniger: Sie zahlen entsprechend mehr. Durch die Verteuerung der Einfuhrware wirkt sich eine solche Veränderung auch auf die Handelsbilanz negativ aus - zumindest kurzfristig. Erst langfristig bringt die Preissenkung bei Ausfuhrwaren einen Kaufanreiz für ausländische Kunden und einen entsprechenden Anstieg der Exporte.

Aufkaufprogramm drückt Euro

Die Schwächung des Euro zur Ankurbelung des Außenhandels war zwar nicht der eigentliche Grund für die neuerliche Leitzinssenkung der Zentralbanker. Denn die EZB betont immer wieder, kein Wechselkursziel zu verfolgen. Trotzdem berücksichtigen die Währungshüter bei ihren Entscheidungen auch die Auswirkungen auf den Wechselkurs. Und der könnte in den nächsten Monaten eine noch deutlichere Schwächung des Euro bringen: Ein solides Wirtschaftswachstum nährt Spekulationen über eine baldige Zinserhöhung in den USA. Das Wertpapierprogramm der EZB hingegen dürfte die Zinsen im Euroraum weiter drücken - und damit auch den Euro.

In welcher Form und wie schnell sich Wechselkursänderungen auf den Außenhandel auswirken, ist unter Ökonomen nicht unumstritten. Beeinflusst wird die Entwicklung der Ein- und Ausfuhren schließlich auch von zahlreichen anderen Faktoren, etwa Lohnniveau und Produktivität. Dazu kommen Sondereffekte, wie Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer erläutert. Eine Schwächung des Euro um beispielsweise zwei Prozent bringe nicht viel, eine um fünf Prozent oder mehr wirke sich hingegen überproportional stark aus. Der Grund: Wie bei der Änderung einer Menükarte in einem Restaurant fallen bei der Preisumstellung der Exporte Extrakosten an, die sich erst ab einer bestimmten Schwelle auszahlen.

Schwächerer Euro als Impuls

Gerade für Österreich gilt außerdem, dass die Wechselkurse zu Währungen osteuropäischer Länder eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielen, wie jener zum Dollar. Im Vergleich zum russischen Rubel oder zum ungarischen Forint stieg der Euro zuletzt etwa an. Christian Keuschnigg, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), erwartet durch die Schwächung des Euro nur eine moderate Belebung der Exportwirtschaft, sowohl in Österreich als auch in der Eurozone.

"Die EZB hat das aber sicher auch in ihre Entscheidung einfließen lassen. Einerseits als Stimulus für die Konjunktur über den Export, andererseits auch als Stütze für die Inflation", sagte Keuschnigg gegenüber dem STANDARD. Denn über teurere Einfuhrwaren "importiert" man quasi eine höhere Inflation. Dass die Schwächung des Euro den Mitgliedsländern momentan nur zugutekommt, sieht auch Marcus Scheiblecker vom Wifo so. Mit einer weiteren Abwertung sei zu rechnen, so der Ökonom. Felderer meint überdies, dass Europa zu teuer und der Euro noch immer überbewertet sei.

Nach Ansicht der Devisen-Analysten von Goldman Sachs sollen Euro und Dollar in wenigen Jahren sogar gleich viel wert sein. Die Entwicklung der vergangenen Monate sei demnach nur der Beginn einer länger andauernden Talfahrt. Wegen höherer Renditen könnte es Investoren vermehrt in die USA ziehen. Noch scheint ein gleichwertiger Wechselkurs zwischen Euro und Dollar unrealistisch. Tendenziell dürften Analysten und Ökonomen mit ihrer Einschätzung einer weiteren Abwertung aber recht behalten. (Simon Moser, DER STANDARD, 6.9.2014)