Die Welt steht vor einer neuen Privatisierungswelle, wenn man Ökonomen und Experten glauben darf. Doch der Grund für den Abverkauf staatlicher Beteiligungen ist ein anderer als in den vergangenen Jahrzehnten. Nach 1989 waren es ehemalige kommunistische Länder, die sich wie Russland oder die DDR mit Privatisierungen der staatlichen Betriebe entledigten und damit der Marktwirtschaft annäherten.

Schwellenländer waren die Verkäufer von teilweise maroden Staatsbetrieben und lukrativen Monopolen, befeuert wurde dieser Prozess von der Asien- und Russlandkrise Ende der 1990er-Jahre. Laut Daten des Ökonomen William Megginson von der Universität von Oklahoma erreichte die erste Privatisierungswelle ihren Höhepunkt 2000, mit knapp 180 Milliarden Dollar an Verkäufen.

Rollentausch

Heute stehen Länder, die wegen der Finanzkrise in Schwierigkeiten gekommen sind, vor dem Verkauf von beträchtlichen Vermögenswerten. Portugal hat bereits sieben Milliarden Euro über Privatisierungen eingenommen, in Griechenland und Zypern sind ambitionierte Privatisierungsziele Teil der Budgetpläne. Laut Daten des Internationalen Währungsfonds machen die staatlichen Vermögenswerte von Frankreich oder Italien knapp 70 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

ie heutigen Käufer sind dabei gerade auch staatliche Fonds und Investoren aus den Schwellenländern. So hat der chinesische Energieversorger China Three Gorges den Zuschlag für den staatlichen Anteil am portugiesischen Energieversorger EDP erhalten. Zuletzt hat die mexikanische Telekom-Gruppe America Movil die Macht beim heimischen Konzern Telekom Austria übernommen. (sulu, DER STANDARD, 6.9.2014)