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"Wie Lohnsklaven": Heeres-Kenner prangern schlechte Bedingungen für Rekruten an.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Der alte Finanzminister ist zwar Geschichte, doch das Bundesheer keineswegs befriedet: Im Standard-Gespräch übt der Kommandant der Garde, Stefan Kirchebner, heftige Kritik am Sparkurs - und warnt vor den Auswirkungen für die Rekruten: "Die Ressourcen sind derart knapp, dass sie kaum mehr die primären Bedürfnisse der Soldaten abdecken."

Damit meint Kirchebner das mickrige Monatsgeld für die Präsenzdiener, das trotz Teuerung nur rund 300 Euro beträgt, sowie ihre Unterkünfte in den Kasernen, wo die Sanitäranlagen mitunter völlig desolat sind. Der Oberstleutnant: "Wie aus Bildern von Medien zu entnehmen, kenne ich Justizvollzugsanstalten, die wesentlich besser ausgestattet sind als Teile der Unterkünfte und die Infrastruktur in den Kasernen in meinem Verantwortungsbereich."

Strammstehen für Hungerlohn

Konkret meint der Chef der Garde die Maria-Theresien-Kaserne in Wien-Hietzing, aber auch die Radetzky-Kaserne im niederösterreichischen Horn, wo just jene 1500 bis 1600 Rekruten jährlich ausgebildet werden, die dann bei den feierlichen Staatsempfängen des Bundespräsidenten oder der Bundesregierung zackig aufmarschieren und strammstehen.

Zu allem Überfluss hat der eben abgetretene Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) unlängst auch noch gemahnt, dass das Bundesheer ja nicht ausgehungert werden dürfe. Kirchebner erzählt, dass es schon vorgekommen sei, dass der Bus für die schmucken Auftritte der Garde mehrmals hin- und herfahren musste, weil mittlerweile auch funktionstüchtige Fahrzeuge fehlen und zu wenig Geld für das Anmieten von zivilen Bussen vorhanden ist.

Trotzdem versichert er: "Die Wehrdienstreform ist voll im Gange, und viele Vorgaben sind in der Ausbildung schon umgesetzt." Aber er dämpft auch Erwartungen: "Einige Vorhaben wie die Verbesserung der Infrastruktur und der Ausstattung lassen sich durch nicht vorhandene Mittel schwierig bis gar nicht machen."

Außen hui, innen pfui

Doch der aktuelle Vorsitzende der parlamentarischen Bundesheerkommission, Walter Seledec (FPÖ), meint, die gesamte Wehrdienstreform sei "eine glatte Illusion", der Zustand vieler Kasernen erinnere ihn an "Sarajevo 1914". Neben der Anspielung auf die Zeit vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges stellt er weitere grenzwertige Vergleiche an: "Das, was ich in den letzten Jahren in manchen Kasernen gesehen habe, entspricht den Missständen bei syrischen und chinesischen Garnisonen." Bis heute seien die Burschen während ihres Dienstes am Staat in 40-Mann-Sälen untergebracht, Duschen verfügen mitunter über kein Warmwasser, viele Toiletten seien kaputt: "Da stinkt's, das ist erbärmlich." Seledec, der pro Jahr nach Beschwerden etwa zwei Dutzend Kasernen inspiziert, meint, bei beiden Koalitionsparteien sei gar nicht der politische Wille vorhanden, dass sich beim Heer Wesentliches ändert.

Paul Kiss, für die ÖVP in der Kommission, bestätigt die schlechten Zustände der Kasernen: "Die Truppe ist motiviert, aber es gibt kaum Geld für Verbesserungen - und die jungen Männer werden mit 307,46 Euro im Monat abgespeist wie Lohnsklaven." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 6.9.2014)