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Wie mit Ebola umgehen: Hier ein Training in einem Spital, auch die Pharmaindustrie ist von der Seuche überfordert.

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Mit 3.500 Erkrankungen und 1.900 Todesfällen ist der aktuelle Ebola-Ausbruch der bisher größte. In Genf beraten fast 200 WHO-Experten über experimentelle Therapien und Impfungen. Ein dort vorgelegter Arbeitspapier-Entwurf gibt wenig Hoffnung: Die in Entwicklung stehenden Arzneimittel und Vakzine sind nur wenige, schwierig anzuwenden und kaum erhältlich.

Die Experten sollen in Genf sowohl über die technische Machbarkeit als auch über regulatorische (klinische Testung an Probanden, Zulassung etc.) und ethische Fragen infolge der sicher bis auf längere Zeit nicht verfügbaren ausreichenden Mengen jeglicher Ebola-Gegenmittel diskutieren. Doch es sind nur sehr beschränkte Chancen, wie die in dem Papier enthaltenen Aufstellungen ergeben.

Schnellere Diagnostik

So könnte man eventuell Blutplasma von Personen, die eine Ebola-Erkrankung überstanden haben und die damit Abwehrkörper (Immunglobuline) gegen das Virus enthalten, in der Therapie anderer Erkrankter verwenden. Dafür sprechen laut der WHO zwar erste Studien, aber es ist nicht klar, ob in Spenderplasma ausreichend Immunglobuline gegen Ebola vorhanden sind.

Doch das größte logistische Hindernis: Man müsste zunächst einmal mit der PCR-Methode Spender identifizieren, die garantiert keine Ebola-Viren mehr im Blut aufweisen und eine Plasma-Gewinnung starten. Wegen der unterschiedlichen Immunreaktion von Mensch zu Mensch müsste man mehrere Plasmaspenden kombinieren. Und dann gibt es noch die Frage, wie man Virussicherheit (HIV, Hepatitis etc.) sonst garantiert. Die WHO rechnet damit, dass die ersten Plasma-Spenden erst Ende 2014 bereit sein könnten.

Experimentelle Medikamente

"ZMapp" als ein in genetisch veränderten Tabakpflanzen hergestelltes Gemisch aus drei monoklonalen Antikörpern gegen Ebola wurde einigermaßen erfolgreich an wenigen Makaken und Rhesus-Affen erprobt. Doch es standen bisher nur Mengen für rund zehn Therapien zur Verfügung. Einige hundert Dosen könnten bis Ende 2014 bereitgestellt werden. Offen sind Fragen der Lagerung (Kühlung bei minus 20 Grad Celsius, nur einmaliges Auftauen empfohlen).

Hyperimmun-Präparate (Immunglobuline) als Konzentrate von Ex-Ebola-Patienten oder immunisierten Tieren haben in Studien Affen vor Ebola geschützt, können aber nur unter den gleichen Bedingungen wie die Plasmapräparate hergestellt werden (PCR-Testung, Ausschluss anderer Krankheitserreger).

Erst im Tierversuch

Wahrscheinlich würde man Studien an Pferden durchführen. Größere Mengen könnten frühestens Mitte 2015 verfügbar sein.

TKM-100802 (Tekmira) - das sind Nanopartikel mit kleinen RNA-Erbgutteilen, welche die Viren direkt angreifen und deren Vermehrung verhindern sollen. 48 Stunden nach einer künstlich gesetzten Infektion von Affen schützte das Präparat 83 Prozent der wenigen verwendeten Affen, nach 72 Stunden lebten noch zwei Drittel der Tiere.

Bei gesunden Probanden zeigten sich Kopfweh, Schwindel, Herzrasen und Brustenge als Nebenwirkungen, vor allem in hohen Dosierungen. Die US-Arzneimittelagentur FDA hat den Einsatz in Notfällen genehmigt. Für die Anwendung sind Infusionen notwendig. Erst Anfang 2015 könnte eine ausreichende Menge für rund 900 Patienten vorhanden sein.

Ein sogenanntes Oligonukleotid-Präparat (AVI 7537; Sarepta) sollte ähnlich wie "Tekmira" wirken. Verabreichte man es Affen zum Zeitpunkt einer künstlich gesetzten Infektion, überlebten 60 bis 80 Prozent. In sehr frühen Studien zeigte sich auch eine möglicherweise annehmbare Verträglichkeit beim Menschen.

Bis Anfang 2015 dürften aber nur rund hundert Dosen zur Verfügung stehen, vor dem Gebrauch muss das Mittel noch einmal auf seine Stabilität getestet werden.

Grippemittel als Ausgangspunkt

Aus Japan kommt das dort für die Behandlung der Influenza zugelassene Favipiravir (T-705). Dieser Polymerase-Hemmstoff soll gegen eine ganze Reihe von Viren mit RNA-Erbgut wirken.

Für die Behandlung von Ebola beim Menschen liegen bisher keine Daten vor. Da es sich um ein synthetisch hergestelltes Arzneimittel handelt, ist die Produktion größerer Mengen leichter. Allerdings, man geht davon aus, dass die Patienten 18 Tabletten am Tag einnehmen müssten. Außerdem darf eine Patientin, die das Medikament erhält, nicht schwanger werden oder es sein.

Für den Wirkstoff BCX4430 ("Biocryst") gibt es bisher noch nicht ausreichende Daten über die Wirkung in Tierversuchen, auch noch keine Sicherheitsstudien an gesunden Probanden.

Interferone: Solche Biotech-Arzneimittel wirken zwar bei verschiedenen Virus-Erkrankungen (z.B. chronische Hepatitis C), sie haben aber zum Teil erhebliche und belastende Nebenwirkungen. Überzeugende Daten zu positiven Effekten an Versuchstieren mit Ebola-Infektion fehlen aber.

Task-Force in den USA

In den USA, in Europa und in Afrika laufen derzeit Phase-I-Studien (Verträglichkeit) mit einem genetisch veränderten Schimpansen-Adenovirus (ChAd3) an, das als Impfstoff von den nationalen US-Gesundheitsinstituten (NIH) gemeinsam mit dem internationalen Pharmakonzern GSK entwickelt worden ist.

Bei Affen zeigte sich gegen eine experimentell verursachte Infektion eine hundertprozentige Schutzwirkung. Noch ist unklar, wann die Daten der ersten Studien an Menschen vorliegen werden. Bis Ende 2014 sollen allerdings rund 15.000 Impfstoffdosen bereitgestellt werden. Die Forschungen werden zu einem Gutteil aus öffentlichen Geldern, zum Beispiel vom britischen Wellcome Trust, bezahlt.

Sicherheit, Wirksamkeit und die Dauer eines schützenden Effektes sind auch bei einer Kandidatvakzine aus einem genetisch veränderten VS-Virus (Vesicular Stomatitis Virus) unbekannt. Eine erste klinische Studie an Probanden soll bald in den USA beginnen. 800 Dosen der Vakzine sind derzeit erhältlich.

Somit liegt die Bekämpfung der Ausbrüche in Afrika weiterhin zuvorderst an klassischen Mitteln der Seuchenhygiene: Auffinden von Infizierten, möglichst frühe Behandlung von Erkrankten, Quarantänemaßnahmen und die Überwachung von Kontaktpersonen. (APA/red, derStandard.at, 5.9.2014)