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Jakob Schubert kletterte 2012 in Paris zum Weltmeistertitel. In Gijon will der Innsbrucker wieder ganz vorne mitmischen: "Ich gehöre sicher zu den Favoriten".

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derStandard.at: Gewinnt bei einer WM immer der beste Kletterer?

Jakob Schubert: Es ist auf jeden Fall eine große Leistung. Eine WM ist nur alle zwei Jahre, da muss das Mentale, Physische und die Route im Finale passen. Wenn bei den Besten die Nerven blank liegen, kann es auch Überraschungen geben. Will man den konstant besten Kletterer sehen, muss man wahrscheinlich auf den Gesamtweltcup schauen.

derStandard.at: Auch dort stehen derzeit Sie ganz oben. Sehen Sie sich als den großen Gejagten?

Schubert: Ich habe einige andere auch auf der Rechnung: Etwa den Tschechen Adam Ondra, der gerade Boulder-Weltmeister wurde oder der Japaner Sachi Amma, der immer gewonnen hat, wenn er bei Bewerben dabei war. Aber ich gehöre sicher zu den Favoriten, bin Titelverteidiger und fahre sehr zuversichtlich nach Gijon.

derStandard.at: Was weiß man vor so einer WM über den dortigen Wettbewerb?

Schubert: Man kennt die Routenbauer, weiß wie sie Routen schrauben und wie die Kletterwand aussieht. Von Gijon habe ich nur Bilder im Internet gesehen. Was auf einen zukommt, weiß man also nicht hundertprozentig. Man macht sich dafür aber auch weniger Sorgen.

derStandard.at: Warum klettern Sie heuer nur Vorstieg-Wettbewerbe?

Schubert: Vergangenes Jahren habe ich als einziger alle Boulder- und Vorstieg-Weltcups gemacht. Das war sehr ermüdend. Dauerhaft hält der Körper das nicht aus und man hat auch einen Rückstand gegenüber Leuten, die sich spezialisieren. Ich wollte vereinzelte Boulder-Wettkämpfe machen, aber dann kam im Februar eine Ringband-Verletzung.

derStandard.at: Ist der Vorstieg eine österreichische Paradedisziplin?

Schubert: In Westeuropa konzentriert man sich auf Vorstieg und Boulder. Österreich war da in den letzten Jahren sehr erfolgreich und gehört zu den besten Nationen, darauf bin ich auch stolz.

derStandard.at: Klettert man als Sportkletterer gegen sich selbst, den Gegner oder die Wand?

Schubert: Gegen den Kurs. Auf jeden Fall nicht gegen die Anderen. Man kann sowieso nur sein Bestes geben und dann auf die Platzierung warten.

derStandard.at: Sind Athleten miteinander befreundet oder eher Einzelgänger?

Schubert: Die Atmosphäre ist extrem gut. Es ist immer auch eine Gaude zu einem Weltcup zu fahren.

derStandard.at: Beim Zusehen denke ich mir oft: “Das gibt es ja nicht". Gibt es ein Limit für Kletterer?

Schubert: In den letzten Jahren hat man gesehen, dass es immer noch eine Stufe schwieriger geht. Gerade am Felsen wird das Limit immer noch höher geschraubt, die Griffe immer noch schlechter, kleiner, runder, flacher, die Wände steiler. Aber es wird auch für den besten Kletterer immer unmöglich sein, eine “flache” Wand ohne Griffe hinaufzuklettern.

derStandard.at: Für uns in Ost-Österreich ist schade, dass Wien in naher Zukunft keine Weltcups mehr veranstaltet. Wären Ihnen zusätzliche Wettkämpfe überhaupt zumutbar?

Schubert: Es dürfen jetzt laut Regeln nicht mehr als je acht Weltcups im Bouldern und im Vorstieg sein, dazu kommt EM oder WM. Das ist gut so - genau das richtige Limit.

derStandard.at: Können Sie vom Sport leben?

Schubert: Im Moment lebe ich ganz gut davon. Man hat natürlich als erfolgreicher Kletterer beim Karriere-Ende nicht wie Schifahrer oder Golfer fürs Leben ausgesorgt. Sponsoren und Preisgelder sind für uns die Haupt-Einnahmequelle.

derStandard.at: Kraxeln in den Natur-Wänden dieser Welt Leute herum, vor denen Sie in Ehrfurcht erstarren?

Schubert: Es gibt nach wie vor Kletterer, die nicht in Wettkämpfen unterwegs sind. Die sind in ihrer Sache als Felskletterer oft enorm stark aber vielleicht im Wettkampf nicht so, die vielleicht den mentalen Druck oder irgendwas anderes nicht so mögen.

derStandard.at: Ist das eine gemeinsame Szene?

Schubert: Das verschmilzt. Jeder Wettkampfkletterer klettert auch zum Training und aus Spaß am Felsen, was ja doch das “wahre Klettern” ist.

derStandard.at: Genießen Sie das Klettern, oder geht es mehr darum, Grenzen auszuloten?

Schubert: Beides. Manchmal gibt es Wochen, wo man es komplett genießt. In harten Trainingseinheiten hat es damit wiederum nicht so viel zu tun, da will man einfach nur besser werden. Ich bin ein ehrgeiziger Typ und will erfolgreich sein.

derStandard.at: Zuletzt haben sie 2011 am Fels eine neue Schwierigkeit (9a+) gemeistert. Danach wollten sie eine 9b-Route angehen (siehe derStandard.at-Interview aus 2012). Das ist aber noch nicht gelungen?

Schubert: Ich wollte das heuer machen, konnte aber wegen meiner Verletzung beinahe nichts am Felsen machen und war nur mit meiner Rückkehr beschäftigt. Ich möchte diesen Winter wieder einen Monat nach Oliana (Spanien), da gibt es zahllose.

derStandard.at: Kann man den Unterschied zwischen 9a+ und 9b eigentlich noch nachvollziehbar erklären, oder spürt man den nur, wenn man in der Wand hängt?

Schubert: Der Unterschied ist schon noch sehr groß. Aber es ist schwer genau zu bewerten. Es hängt auch davon ab, wie es dem ein oder anderen Kletterer liegt.

derStandard.at: Ist eine 8a-Route nur noch eine Aufwärmübung für Sie?

Schubert: Es kommt sehr auf die Route an. Manche kann ich zum Aufwärmen gehen. In Spanien gibt es zum Beispiel eine sehr lange, die besonders auf die Ausdauer geht, was mir nicht so schwer fällt. Aber es gibt auch sehr fordernde. Bei uns in Tirol sind welche nur 10 Meter lang und haben brutale Boulder-Stellen drinnen. Da kann es sein, dass ich auch einmal mehr als einen Tag herumprobiere.

derStandard.at: Sportklettern wurde für 2020 als olympischer Sport abgelehnt, würde frühestens 2024 olympisch. Sie würden in dem Jahr 34. Wäre das noch ein Thema?

Schubert: Wenn die Weltspitze beim Vorstieg und Bouldern ansieht, sind die Ältesten Anfang 30. Dann wird mit dem Wettkampf-Klettern wohl Schluss sein. (Tom Schaffer, derStandard.at, 10.9.2014)