In der Vorwoche bei der Präsentation: Thomas Brezina und Markus Hengstschläger beim Morawa in Wien

Foto: Regine Hendrich

Am Dienstag im kleinen Kreis in der Buchhandlung Morawa in Wien: Markus Hengstschläger erinnert an seine Thesen in seinem Buch "Durchschnittsfalle“: Erstens Individualität ist die einzige Chance in einer unbekannten Zukunft. Zweitens: Der Nachteil von heute kann der Vorteil von morgen sein – als Beispiel bemüht der Biologe den Birkenspanner in der Farbe der Birkenrinde. Für hungrige Vögel schwer zu finden. Das schwarze seltene Exemplar dagegen: Schnapp und weg. Außer es handelt sich um industriell total verruste Birkenstämme, die solcherat schwar eingefärbt dem schwarzen Birkenspanner die bestmögliche Tarnung bieten.

Hengschlägers Mission wendet sich gegen den Gleichschritt, gegen das Gleichmachen und die entsprechende Erziehung dazu, resp. die Selektion. "Individualität hört immer die schechtestens Argumente der Welt: das war immer schon so und wir sind mehr als du.“
So – es bleibt unausgesprochen, ist aber dafür umso deutlicher im Raum – ist weder Weiterentwicklung noch Innovation möglich. Soweit ist die Erwachsenen-Community aus Hengschlägers Büchern informiert. Nun wollte er offenbar den Nachwuchs stärken und aus den engen Bahnen des Pflegeleichten und Angepassten befreien.

Aus eigener Erfahrung

Jetzt kommt Thomas Brezina mit seiner Reputation im Kinder- und Jugendbereich ins Spiel. Er liefert Modus und Verpackung für die Botschaft: „Es lohnt sich, anders zu sein.“ Er selbst habe das erlebt, weil er statt Fußball zu spielen Waschmittelkartons gesammelt hat und daraus Puppentheater gebaut.

Die Drehbücher folgten. Seine ersten Drehbuchpreise (mit 15) übrigens wurden im Schulbericht nicht einmal erwähnt, erzählt er. "Das war nicht einsam. Sogar manchmal grausam. Ich fühlte mich als Außenseiter.“ Es folgt ein Dank an seine Eltern, „dass sie ausgehalten und sogar gefördert haben, dass ich so ein Knallkopf bin.“ Langer und lauter Applaus.

Gemeinsam haben sie überlegt, wie sich ein Buch machen ließe, das belegt, dass alleinig das Anderssein zu Erfolg, zu Besonderem führt und auch noch der Umwelt hilft. Folgender Plot kam raus: Die Außenseitertruppe einer Schule allesamt mit einem oder mehreren so genannten Defiziten behaftet, von der Pollenallergie über die Hyperaktivität bis zur Legasthenie – retten nur aufgrund dieser ihrer "Defizite“ die Welt vor Killer-Klobrillen. Letzte sind quasi aus dem All in den Schulkeller gekommen.
Dass Brezina im Rap-Modus geschrieben hat, habe sich in einem kleinen Theater in London plötzlich ergeben – dort startete ein Stück so.

"Werd endlich normal“ kriegt nach der Lektüre keinen guten Beigeschmack, die Aufwertung, ja die Notwendigkeit des Andersseins erfährt ihren Lobpreis. Und natürlich: Es kommt nur daher wie ein Kinderbuch und ist als solches auch geeignet, dass aber mindestens zur Hälfte Erwachsene, Erziehungsberechtigte, angesprochen sind, versteht sich von selbst. (DER STANDARD, 06./07.09.2014)