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Jetzt ist die Kuh aus dem Stall: Mit dem Kauf von Anleihen erfüllt EZB-Chef Draghi die Wünsche der Finanzmärkte.

Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach

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Grafik: apa

Frankfurt/Wien - Europas oberster Notenbanker Mario Draghi hat eine weitere Salve aus den geldpolitischen Geschützen der Europäischen Zentralbank abgefeuert. Gebetsmühlenartig hatte der EZB-Chef in den vergangenen Monaten wiederholt, die Währungshüter hätten noch viele Instrumente zur Verfügung, um die hartnäckig niedrige Inflation von nur 0,3 Prozent und das niedrige Wachstum anzukurbeln. Am Donnerstag hat der EZB-Rat entschieden, die Leitzinsen um 0,1 Prozentpunkte zu senken. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt damit bei 0,05 Prozent (von zuletzt 0,15 Prozent). Banken, die bei der EZB überschüssige Mittel horten wollen, anstatt die Kreditvergabe zu steigern, müssen dafür künftig einen Strafzins von 0,2 Prozent bezahlen.

Doch wichtiger noch als die Zinsentscheidung war der dritte Satz von Draghis Rede vor der versammelten Presse: "Zusätzlich hat der EZB-Rat entschieden, den Ankauf von Vermögenswerten aus dem nichtfinanziellen Sektor zu beginnen." Bereits seit Monaten war ein Ankaufprogramm für forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS), also gebündelte Unternehmenskredite, diskutiert worden. Zusätzlich wird die EZB auch Pfandbriefe kaufen, forderungsbesicherte Schuldscheine von Banken. Diese Zukäufe werden im Oktober starten und einen "beträchtlichen Effekt" auf die Bilanzsumme der EZB haben, so Draghi.

Doch wie groß ist "beträchtlich"? Auf die Frage eines Journalisten antwortete der EZB-Chef, man orientiere sich an der Größe der Bilanz zum Jahresbeginn 2012. Damals, als die Schuldenkrise an den Finanzmärkten wütete, war die EZB-Bilanz auf über 2735,6 Milliarden Euro angeschwollen. Heute, zweieinhalb Jahre später, ist die Bilanzsumme der EZB bei 2000 Milliarden.

Im Umkehrschluss stellte Draghi Anleihenkäufe und neue Milliardenkredite an die Banken von zumindest 650 Milliarden Euro in Aussicht. Dass der Notenbankchef diese Zahl nicht explizit genannt hat, dürfte auch daran liegen, dass die Entscheidung innerhalb des Rates umstritten war. "Die Entscheidung fiel nicht einstimmig", sagte Draghi. Einige Gouverneure wollten mehr tun, andere hingegen weniger.

Für Unmut dürfte zudem gesorgt haben, dass einige der diskutierten Vorschläge während der Sitzung über die Nachrichtenagentur Reuters an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Ökonomen und die Finanzmärkte reagierten geradezu euphorisch auf die Maßnahmen der EZB. Christian Odendahl, Chefökonom beim Londoner Centre for European Reform, hatte lange Zeit aggressivere Maßnahmen wegen der schwachen Konjunktur gefordert. Er sieht nun eine Wende in der EZB-Politik, die jüngsten Maßnahmen seien "nah dran" an dem, was nötig ist, um die Eurozone wirtschaftlich zu stärken.

An den Finanzmärkten reichte schon die bloße Ankündigung von Anleihenkäufen: In Frankfurt drehte der Aktienindex Dax ins Plus, in Wien legte der ATX ebenso rund ein Prozent zu. Der Euro sackte auf den niedrigsten Stand seit 14 Monaten. Der niedrige Euro ist laut Odendahl eine wichtige Zutat für eine bessere Wirtschaftslage in der Eurozone, denn er macht die Exporte aus der Währungsunion wettbewerbsfähig.

Was heißt die Maßnahme für heimische Sparer und Schuldner? Die Zinsen für relativ sichere Sparformen wie Sparbücher, Anleihen oder Versicherungen werden weiter fallen. Nach Abzug der in Österreich relativ hohen Teuerung von 1,8 Prozent bleibt damit ein realer Verlust übrig. Gleichzeitig werden Schuldner günstiger an neue Kredite kommen. Eine rasche Änderung dieses Trends ist dabei nicht in Sicht. Mario Draghi ließ am Donnerstag keinen Zweifel daran, dass die Zinsen noch lange Zeit niedrig bleiben. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 5.9.2014)